Von Finn Heuper
Laila Stieler interessiert sich für Menschen, die „von der Liebe träumen oder von einem eigenen Friseursalon, die für eine bessere Welt kämpfen oder für einen Schulgarten, von Regisseur*innen, die es mit großen Träumen an kleine Theater verschlägt, oder von Polizist*innen, die für Ordnung sorgen sollen, wo kaum noch etwas zu befrieden ist“. Und über solche Menschen und deren Geschichten schreibt sie auch ihre Drehbücher. Im Gespräch mit Carsten Gansel und anderen Teilnehmenden erzählt sie von ihrem eigenen Werdegang, der Schwierigkeit, über Personen zu schreiben, die sie selbst nicht kannte, und Hitchcocks Lieblingswitz.
Sie habe schon sehr früh den Wunsch gehabt, zu schreiben, erklärt Stieler. Sie habe sich erst als Journalistin versucht, sei dann aber doch wieder bei der Dramaturgie und an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg gelandet. Dort habe sie ein „Gefühl des Ankommens“ verspürt, es fühlte sich richtig an. Besonders Dokumentarfilme spielten in ihrem Leben immer schon eine große Rolle, da sie als Tochter zweier Dokumentarfilmregisseur*innen aufwuchs, „die künstlerische und praktische Fragen am Abendbrottisch diskutierten“ und sie schon als Kind zu Filmfestivals mitnahmen – die Stieler damals als sehr langweilig empfand. Doch obwohl bzw. gerade weil ihre Eltern auf Dokumentarfilme spezialisiert waren, habe sie nicht in diese Fußstapfen treten, sondern etwas anderes machen wollen. Am Ende seien Biographien dann aber irgendwie doch ein großer Teil ihrer filmischen Arbeit geworden, gibt sie augenzwinkernd zu.
Auch Literaturverfilmungen finde sie sehr spannend. Natürlich könne man es da, genau wie bei Filmen, die auf realen Personen oder Ereignissen beruhen, nie allen Zuschauer*innen recht machen. Nicht umsonst, so Stieler, sei einer von Hitchcocks Lieblingswitzen folgender gewesen: Zwei Ziegen fressen die Filmrolle einer Romanverfilmung. Als sie fertig sind, sagt die eine zur anderen: „Der Roman hat mir besser geschmeckt …“Doch davon lasse sie sich nicht entmutigen. Wenn sie beim Schreiben auf Probleme stoße, helfe es ihr immer, Personen zu befragen, auf denen ihre Figuren oder die Handlung ihres Films beruhen. Nur so sei es möglich, über Personen zu schreiben, die sie selbst nicht kannte. Allerdings koste es oft auch große Überwindung, mit Menschen zu sprechen, die schreckliche Dinge erlebt haben; das erfordere viel Fingerspitzengefühl, könne aber auch unglaublich bereichernd sein. Sie verwende zum Beispiel nie ein Aufnahmegerät, weil sie das Gefühl habe, dass das „immer zwischen einem steht“ und es ihren Gesprächspartner*innen erschwere, Vertrauen zu ihr aufzubauen. Doch irgendwann müsse man die Recherche dann auch abschließen und „anfangen zu erfinden“. Dabei, so Stieler, sei es wichtig, sich bewusst zu machen, dass ein Film immer „aus der Perspektive von heute auf damals“ entstehe. Das mache sich etwa darin bemerkbar, dass die Sprache der Figuren zum Teil an die heutige Ausdrucksweise angeglichen werde.
Eine weitere Hürde sei oftmals die Finanzierung ihrer Projekte, gerade wenn die Recherche viel Zeit beanspruche. Für ihren 2018 erschienenen biografischen Film „Gundermann“, der die Geschichte des ostdeutschen Liedermachers erzählt, recherchierte sie bspw. über zehn Jahre. Es sei nicht einfach gewesen, eine Produktionsfirma zu finden, die diesen Film finanzieren wollte. Der Trailer zu „Gundermann“, den sie abspielt, beweist, dass es am Ende dann doch gelang.
Moderation: Carsten Gansel (Institut für Germanistik, JLU Gießen)
Teilnehmer*innen: Katrin Lehnen (Institut für Germanistik, JLU Gießen); Norman Ächtler (Institut für Germanistik, JLU Gießen); José Fernández Pérez (Institut für Germanistik, JLU Gießen); Monika C. Rox-Helmer (Institut für Geschichtsdidaktik, JLU Gießen); Vadim Oswalt (Institut für Geschichtsdidaktik, JLU Gießen); Laila Stieler (Drehbuchautorin)