Von Gentiana Hajdini
Comics, jeder kennt sie, viele lesen sie. Aber können Comics und Graphic Novels das Lesen auch fördern? Dr. Renata Behrendt behauptet: Ja, denn die vermeintlich spielerische Art, zu lesen und Informationen aufzunehmen, könne den Lernprozess von Schülern und Schülerinnen wesentlich steigern. Deshalb bot sie im Sommersemester 2023 die Veranstaltung “Bilderbücher, Comics, Graphic Novels – Bild-Text-Medien im Deutschunterricht” an, um Studierenden die Vielfalt von graphischer Literatur nahezulegen.
Ziel des Seminars war es, den künftigen Lehrkräften zu zeigen, wie man in Sekundarstufen 1 und 2 mit graphischer Literatur arbeiten kann. ,,Wir wissen aus der KIM-Studie, dass die jüngeren Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren gerne graphische Literatur und Comics lesen. Das ist eine gute Möglichkeit, sie in den Umgang mit Medien, die Bilder beinhalten, einzuführen. Lehrkräfte sollten daher das große Angebot in diesem Bereich, aber auch die didaktischen Möglichkeiten kennen. „Für jede Jahrgangsstufe findet sich ein passendes Werk”, so Frau Dr. Behrendt.
,,Was ich mitgenommen habe, ist unter anderem der Unterschied zwischen Comics und Graphic Novels”, so eine Kursteilnehmerin. Weiter bemerkt sie: ,,Graphic Novels sind oft als Buch geschrieben, mit einem komplexeren Aufbau als Comics. Das half mir enorm, um beide Formen besser zu verstehen”. Doch wie genau analysiert man überhaupt diese grafischen Textsorten? Auch darauf ist die Dozentin eingegangen, indem sie unter anderem das Verhältnis von Text und Bild beleuchtete und auf die Bildwirkung, Farbnutzung und Linienführung aufmerksam machte.
Im Kurs wurden verschiedene Graphic Novels, wie ,,Völlig meschugge!?” von Andreas Steinhöffel und Melanie Garanin oder auch ,,Knock Out!” von Reinhard Kleist in Ausschnitten gelesen und anschließend diskutiert. So wurde bei ,,Knock Out!” zunächst das Cover beschrieben. Dann wurde der Protagonist von “Knock Out!” in den Blick genommen. Außerdem lag der Fokus auf den narrativen Dimensionen und der Erkennung von Erzählmustern. „Dabei fand ich es schwierig, mit den Zeitsprüngen umzugehen, geschweige denn, diese künftigen Schülern und Schülerinnen näherzubringen”, berichtet ein Kommilitone. Gerade die Beschreibung der Zeitstruktur könne sich auch für Lernende als knifflig erweisen. Das bestätigt auch Behrendt: „Zeitsprünge macht Graphic Novels originell, sie können aber auch Schwierigkeiten mit sich bringen”. Experimentell sind Graphic Novels jedoch nicht nur formal, sondern auch thematisch. Viele Veröffentlichungen sprechen gesellschaftliche Debatten um Race und Gender an, so auch „Knock Out!“. Gerade erzählerisch anspruchsvolle Stellen wurden in Gruppen bearbeitet und im Seminar besprochen. Wichtig war dabei immer auch der Bezug zum Unterricht.
Bei grafischer Literatur ist es wichtig, welche Geschichte auf welche Art und Weise, also mit welchen Erzählmitteln dargestellt wird. ,,Es gibt gewisse Details, auf die man sich konzentrieren muss”, so Dr. Behrendt. Die Essenz des Lernvorgangs liege darin, Gelerntes auf andere Lebensbereiche zu übertragen, wie zum Beispiel auf die Medienerfahrung in der Freizeit. Schüler*innen könnten so lernen, sozialen Medien wie Instagram oder TikTok genauer und kritischer zu nutzen und nicht einfach zu scrollen. Somit können graphische Texte, die im Deutschunterricht besprochen wurden, auch eine reflektierte Medienwahrnehmung fördern. Davon ist Frau Dr. Behrendt überzeugt.