Das Leben Büchners
Georg Büchner studierte vom Herbst 1833 bis Frühjahr 1835 Medizin in Gießen, der damaligen Landeshauptstadt des Großherzogtums Hessen. Sein Wohnhaus auf dem Seltersweg ist uns leider nicht erhalten geblieben. In diesem schrieb er vermutlich einige der Briefe, die von einer tiefen depressiven Stimmung zeugen. Geboren in Riedstadt-Goddelau und in Darmstadt zur Schule gegangen, hatte Büchner die ersten beiden Studienjahre (1831-1833) in Straßburg verbracht, einem Ort welcher in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wohl unvergleichlich mehr Raum für systemkritische Gedanken und politische Diskussionen bot. Das triste ´Provinznest´ Gießen kam ihm nach seinen glücklichen Straßburger Jahren wie ein Gefängnis vor. Gießen ist aber auch die Etappe in Büchners kurzem Leben, in der er über die politische Arbeit zu seiner literarischen Sprache fand. Kurz nach seiner Flucht aus Gießen (September 1834) wegen der Beteiligung am Hessischen Landboten verfasste er sein erstes Drama Dantons Tod. Die Arbeit an Woyzeck und Lenz folgte, bevor Büchner, der mittlerweile als Privatdozent in Zürich arbeitete, mit 23 Jahren an Typhus verstarb.
Büchners Briefe
Büchners Briefe sind von literarischer Qualität. Je nach Empfänger zeigt sich Büchner in seinem Schreiben hoch flexibel und verwendet Stilelemente, die auch in seine späteren Dramen Eingang finden. Einige der in Gießen entstandenen Briefe an seine Braut Wilhelmine Jaeglé (1810-1880) zeugen von der inneren Zerrissenheit Büchners zwischen dem Sehnsuchtsort Straßburg und dem Gefühl der Ohnmacht in den politischen Verhältnissen des Großherzogtums Hessen. So schreibt er im Februar 1834: „Ich bin allein, wie im Grabe; wann erweckt mich deine Hand?“. An anderer Stelle lässt Büchner durchblicken, dass es nicht nur die Sehnsucht nach der Geliebten ist, die ihn so unglücklich macht, auch die „hohle Mittelmäßigkeit“ Gießens und seiner Umgebung treibt ihn in die Depression: „ich kann mich nicht an diese Natur gewöhnen, und die Stadt ist abscheulich“.