Von Bernice Krug
„Wie wird man eigentlich Autor*in?“ – dieser Frage widmete sich am 09. November 2023 die Vorlesung „Literatur in institutionellen Kontexten“ von Professor Uwe Wirth. Das Besondere: Die extrovertierte Autorin Stephanie Jana berichtete den Studierenden von ihrem Werdegang und las aus ihrem aktuellen Roman „Im Ballhaus brennt noch Licht“.
Jana studierte vor 20 Jahren Germanistik, Geschichte und Politik an der Justus-Liebig-Universität. Damals war sie studentische Hilfskraft, Tutorin und in der Fachschaft aktiv. Eigentlich habe Jana nach ihrem Studium promovieren wollen, um eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Dann beschloss sie jedoch nach Hamburg zu ziehen, wo man ihr einen Praktikumsplatz in der Filmbranche angeboten hatte.
Von der Modebranche zur Autorin
In Hamburg arbeitete die angehende Autorin beim Film und Fernsehen, als freie PR-Redakteurin und Lektorin. „Schließlich bekam ich dann die Chance, eine Führungslaufbahn in einem Modeunternehmen einzugehen, was ich dann auch tat“, berichtete Jana. Sie besuchte Fortbildungen und Führungsseminare und eignete sich so betriebswirtschaftliches Wissen an.
Später zog Jana aus beruflichen Gründen nach Bonn. Dort arbeitete sie nach der Geburt ihrer beiden Kinder in einer Buchhandlung und als freie Lektorin. In Bonn gründete sie 2010 ihr eigenes Lektoratsbüro Stilsicher. Während sie andere Autoren*innen betreute, wurde ihr klar, dass Sie selbst auch schreiben wollte. Sie fragte sich oft: „Wieso verschwendest du eigentlich deine ganze Kraft, Zeit und Talent für andere? Das kannste eigentlich viel besser!“ Aus dieser Idee heraus schrieb sie gemeinsam mit ihrer Freundin Ursula Kollritsch den Debütroman „Das Jahr des Rehs“, der 2015 im Bastei Lübbe Verlag erschien.
2022 publizierte Jana dann ihren ersten eigenen Roman „Im Ballhaus brennt noch Licht“. Hierbei handelt es sich um einen historischen Großstadtroman, der zwischen 1913 und 1946 in Berlin spielt. Historische Strömungen, die politischen Verhältnisse in Deutschland und starke Frauenfiguren prägen die Handlung: Die junge Protagonistin Lulu träumt davon, Tänzerin zu werden. Sie lernt David kennen, den Sohn der jüdischen Besitzer des Ballhauses Sternberg. Die Sternbergs erkennen Lulus tänzerisches Talent und helfen ihr, eine Startänzerin zu werden. Doch als die politischen Verhältnisse im Land kippen, befinden sich die Figuren und das Ballhaus in großer Gefahr. „Er vereint alles, was ich bin und kann“, erzählte Jana überaus selbstbewusst und bezeichnete ihren Roman als ihr Meisterstück. Die Autorin verarbeitet in ihm ihre erste große Liebe. Autobiografisch inspirierte Werke könne man besser bewerben, da man voll und ganz hinter seiner Geschichte stehe. „Man spürt mit jedem Satz, das bist du!“, habe man ihr einst nach einer Lesung gesagt. Andererseits bedürfe es jedoch großen Mutes, für sein Werk einzustehen. Das Ende eines Buches bedeute auch, die Figuren loszulassen: „Jetzt leben die alleine“, so die Schriftstellerin.
Der Weg zum Buch
Jana erklärte auch, welche Schritte man gehen muss, um als Autor*in Fuß zu fassen. Am Anfang steht die Bewerbung bei einer Literaturagentur mit einem Exposé: Einer Zusammenfassung der Projektidee, in dem die Buchidee, die Figuren, das Thema und die Handlungen vorgestellt werden. Mit abgegeben wird eine aus ungefähr 30-50 Seiten bestehende Leseprobe.
Literaturagent*innen betreuen die Schriftsteller*innen während ihres kreativen Schaffens und beraten, welche Buchidee und welches Genre eine Chance auf dem Buchmarkt hat. Sie sortieren die Manuskripte der Autor*innen für die Verlage vor, senden diesen die Buchideen zu und kümmern sich um die Verträge und Rechte. Die Verlagshäuser kennen die Literaturagent*innen, vertrauen auf deren Einschätzungen und greifen meist auf deren Empfehlungen zurück. „Hierbei zählen oft Beziehungen und gewachsenes Vertrauen“, bemerkte Jana. Daher sei es als Neuling wichtig, sich zuerst an eine Literaturagentur zu wenden und nicht direkt an einen Verlag. „Aber es lohnt sich. Alleine hätte man wahrscheinlich keine große Chance, bei einem Verlag zu landen“, riet die Autorin.
„Inwieweit prostituieren Sie sich?“
Man müsse als Schriftsteller*in auch kompromissbereit sein, da man sich bezüglich des Titels und des Covers mit dem Verlagshaus zu einigen habe. „Sie müssen sich irgendwann entscheiden, wollen Sie Geld mit dem Literaturbetrieb verdienen? Wollen Sie schöne Literatur schreiben, aber in der Versenkung verschwinden? Welchen Kompromiss gehen Sie ein? Inwieweit prostituieren Sie sich?“, so Jana provokant.
Sobald sich dann ein Verlag gefunden habe, mit dem man sich einig werde, bekomme man einen Vertrag, einen Vorschuss und treffe eine Vereinbarung über den prozentualen Anteil des Verkaufserlöses pro Buch. Dieser liegt bei ungefähr 60 Cent pro verkauftem Taschenbuch. Der Anteil pro verkauftem e-Book ist jedoch höher, da keine Materialkosten für die Produktion anfallen. Gerade deshalb sei der Verkauf in Massen auch so wichtig, betonte die Autorin. Dies erreiche man durch viel Werbung, die richtige Vermarktung und die eigene Präsenz auf Social Media.
Die Studierenden lernten an diesem Tag nicht nur die extrovertierte und selbstbewusste Autorin Stephanie Jana kennen, sondern erfuhren auch, welche Schritte sie selbst befolgen können, um eigene Texte zu veröffentlichen.
Zum Ende der Veranstaltung stand Jana den Studierenden Rede und Antwort. Auf die Frage, wie Jana die Unterschiede wahrnehme zwischen dem alleinigen und dem gemeinsamen Schreiben im Team, antwortete die Autorin: „Zu zweit zu schreiben ist lustig und auch sehr spannend, weil wir ein Manuskript nehmen und es per Email hin- und herschicken und nicht wissen, wie die andere reagiert. Also ich nenne es ‚Improvisationsschreiben‘. Und dann antworten wir quasi von Kapitel zu Kapitel aufeinander.“ Manchmal sei man sich auch uneinig. Daher betont die Autorin die größere Freiheit, die man habe, wenn man alleine schreibe. „Ich hab mein Tempo und kann alles alleine entscheiden“, erklärte Jana, die bestimmt auch zukünftig frei zwischen beiden Formen wechseln wird.
Stephanie Janas Homepage: https://lektorat-stilsicher.de
Stephanie Jana: Im Ballhaus brennt noch Licht. Goldmann: München 2023. 480 Seiten. 12 EURO. ISBN: 978-3-442-49154-4