https://unsplash.com/photos/YLSwjSy7stw, Foto: Alfons Morales

Das Literarische Zentrum ist eine wichtige Größe im Gießener Literaturleben. Auch für Studierende gibt es dort die Möglichkeit, sich einzubringen. Doch wie genau läuft das ab? Wir haben Beatrice Kaiser, Volontärin und ehemalige Praktikantin beim LZG, zu ihrem Arbeitsleben bei der Literaturinstitution befragt. Beatrice kam 2014 nach Gießen, um an der JLU Sprache, Literatur und Kultur zu studieren. Jetzt ist sie in den letzten Zügen ihres Masterstudiums der Komparatistik. 2019 absolvierte sie ein Praktikum beim LZG und fing ein Jahr darauf an, dort als Volontärin zu arbeiten. 

Ein Interview von Lilli Weiskopf 

Beatrice Kaiser.
© Literarisches Zentrum Gießen

Beatrice, könntest du zu Anfang das Literarische Zentrum Gießen nochmal kurz vorstellen? 

Das LZG wurde 2009 gegründet und ist – wie im Leitspruch auf der Website beschrieben – ein Verein zur Pflege und Förderung der literarischen Tradition und Kultur in Gießen und ihrer Region. Dabei fungiert das LZG auch als eine Art Bindeglied zwischen verschiedenen Institutionen des Literatur- und Kulturbetriebs sowie Instanzen der Literaturvermittlung – wie zum Beispiel der Universität, der Stadt, Schulen, Bibliotheken oder Gießener Kulturvereinen. Wir veranstalten Lesungen, betreiben Leseförderung und wollen in Zukunft noch mehr mit Kindern, Jugendlichen und Schulen zusammenarbeiten. 

Wann bist du zum ersten Mal auf das LZG gestoßen?

Durch eine Kommilitonin bei der Arbeitsstelle Holocaustliteratur und dessen Leiter, Prof. Dr. Sascha Feuchert, der auch zugleich Vorsitzender des Literarischen Zentrums ist, wurde ich auf einen freien Praktikumsplatz im LZG aufmerksam gemacht. Daraufhin habe ich mich auf die Stelle beworben.

Was kann man sich denn unter einem Praktikum beim LZG so vorstellen? Welche Aufgaben über nimmt man als Praktikant*in?

Das LZG-Büro.
© Literarisches Zentrum Gießen

Zum einen beinhaltet das Praktikum viel kreative Arbeit: Praktikant*innen betreuen die Website und sind auch verantwortlich für Social Media, also den Facebook-, Twitter- und Instagramaccount des Literarischen Zentrums. Dort schreiben und veröffentlichen sie Berichte, Blogeinträge, Rezensionen und Pressemitteilungen über Veranstaltungen und Lesungen. Man kann sich also kreativ einbringen und ausleben. Zum anderen gehören auch „klassische“ Büroarbeit, Terminplanung und Gäst*innenbetreuung zu den Aufgaben der Praktikant*innen. Dort ist man hautnah dran an Autor*innen und bekommt nochmal besondere Einblicke in den Literaturbetrieb. Darüber hinaus nehmen Praktis auch an Veranstaltungen wie der Frankfurter und Leipziger Buchmesse teil – wo sie beispielsweise Kontakte zu Verlagen knüpfen können.

Wie lange geht denn das Praktikum? Und wie können Studierende von freien Praktikumsstellen erfahren und sich bewerben?

Ein Praktikum dauert immer drei Monate – das entspricht einer Programmlaufzeit beim LZG. Wir haben ein Frühjahrs-, Sommer-, Herbst- und Winterprogramm und Praktikant*innen arbeiten also immer bei einem davon mit. 

Auf der Website des Literarischen Zentrums findet man in der Rubrik „Über uns“ den Reiter „Ausbildungsangebote und Stellenmarkt“ (https://www.lz-giessen.de/de/Ausbildungsangebote-und-Stellenmarkt/). Dort sind aktuelle Informationen über freie Plätze für Praktika und Volontariate aufgelistet und auch immer die jeweiligen Bewerbungszeiträume angegeben.

Kannst du Studierenden irgendwelche Tipps für die Bewerbung und die Arbeit als Praktikant*in im LZG verraten? Wie genau läuft die Bewerbung ab?

Die Bewerbung beinhaltet standardmäßig Dokumente wie einen Lebenslauf und ein Anschreiben. Dann erfolgt in der Regel eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, das die potenziellen Praktikant*innen mit der Geschäftsführerin Janine Clemens führen. 

Ich rate den Studierenden dazu, ihre Fähigkeiten und ihr Studium zu reflektieren. Man sollte sich fragen: „Was genau interessiert mich im Studium? Wo liegen meine Fähigkeiten? Und was möchte ich damit machen?“ Ich habe damals gemerkt, dass mir das wissenschaftliche Schreiben im Studium eher schwer fiel – dagegen aber das offene, kreative Schreiben im LZG mir leicht von der Hand gegangen ist und total Spaß gemacht hat. Außerdem bin ich ein sehr organisierter Mensch; das ist bei der Arbeit im Literarischen Zentrum wichtig, um einen Überblick zu behalten. Organisatorisches Talent ist daher sehr gerne gesehen. 

Und nach dem Praktikum? Wie ging es dann für dich weiter?

Nach dem Praktikum sind Kolleg*innen auf mich zugekommen und so bin ich auf das Volontariat gestoßen. Das ist keine Seltenheit – viele Praktikant*innen am LZG werden später Volontär*innen. Das Praktikum ist sozusagen ein gutes Trittbrett für das Volo, aber kein Muss – wie auch die anderen Stellenangebote werden Volontariate auf der Website ausgeschrieben. 

Viele können sich unter dem Begriff „Volontariat“ erstmal wenig vorstellen. Was genau versteht man darunter und inwiefern unterscheidet es sich von einem Praktikum?

Ein Volontariat beim LZG ist eine Ausbildung im Literaturbetrieb. Es dauert zwischen 12 und 18 Monaten, erlaubt tiefergehende Einblicke in ein Literaturhaus und erweitert die Kenntnisse und Fähigkeiten aus Studium und Praktikum. Das Literarische Zentrum ist also auch eine Ausbildungsstätte – und das Volontariat ist im Literaturbetrieb voll anerkannt. Außerdem ist es im Gegensatz zum Praktikum vergütet. 

Im Rahmen des Events „Eine(r) liest“ des LZGs wurden Texte des OVAG-Jugendliteraturpreises gelesen – auf dem Foto
zu sehen sind v.l.n.r. Patrizia Krug, Katharina Clauss, Lilli Weiskopf und Moderatorin Beatrice Kaiser.
© Literarisches Zentrum Gießen

Sind die Aufgaben dieselben wie bei einem Praktikum beim LZG? 

Im Volontariat trägt man mehr Verantwortung – natürlich hat man diese auch im Praktikum, aber das Volontariat bedeutet nochmal eine Steigerung. Man führt beispielsweise Verlagsgespräche auf Buchmessen, unterstützt die Geschäftsführung und betreut Praktikant*innen. Außerdem ist Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit ein großes Thema. Auch Großprojekte werden durch Volontär*innen geplant, unterstützt und durchgeführt; meine Volontariatskollegin Tabea Knispel war beispielsweise an der Planung des Projekts „Ich.MORGEN“ beteiligt. Ich kann mich aktiv in die Arbeit der LZG-Programmkommission einbringen, Leseexemplare sichten und Vorschläge für ein Programm machen. Auch hier kann man also kreativ sein.

Kannst du auch hier wieder Tipps oder Empfehlungen für die Bewerbung verraten?

Eine Voraussetzung für das Volontariat ist, dass man währenddessen in einem literaturwissenschaftlichen Studiengang des FB05 an der JLU eingeschrieben ist. Ein bisschen Vorerfahrung im PR-Bereich ist natürlich gerne gesehen, aber was wirklich zählt, ist Interesse an Literatur, insbesondere an zeitgenössischer Literatur. Im Studium liest man ja auch viel Goethe oder Schiller, im LZG ist es darüber hinaus wichtig zu wissen, was gerade so in der Literaturwelt geschieht. 

Volontär*innen sollten Freude am Lesen und Schreiben mitbringen und selbstständig arbeiten können. Im Praktikum wird man von uns Volos noch ein bisschen an die Hand genommen und ist im Zweifelsfall nicht „lost in space“. Im Volontariat muss man diese Verantwortung übernehmen, eigenständig arbeiten und seine Termine im Griff haben. Schließlich steht man ja bei Gesprächen mit Autor*innen, Verlagen und kulturellen Einrichtungen stellvertretend für das LZG – und hat somit auch eine Repräsentationsfunktion. Damit einher geht auch ein bisschen Talent für Sprache und ein gutes Kommunikationsgefühl. Wie beim Praktikum kann man aber alle Aufgaben auf der Homepage des LZG einsehen.

Ist bei diesen ganzen Aufgaben ein Volontariat gut mit dem Studium zu vereinbaren? 

Man muss den eigenen Alltag besser planen als vorher. Aber insgesamt ist es auf jeden Fall machbar und es gab noch niemanden, der gesagt hat, dass es nicht zu schaffen ist – ich schaffe es ja auch! Man muss zwar alle Termine im Blick behalten und organisieren, aber in unserem Team schauen wir auch immer, dass das Studium nicht leidet. Wenn man mal nicht kann, wird darauf Rücksicht genommen und die Bürozeiten werden an Seminare oder Studienverpflichtungen angepasst, sodass alle zufrieden sind. Man sollte die Arbeit zwar nicht unterschätzen, aber man nimmt sich gerne dafür Zeit – schließlich machen die Aufgaben Spaß und das Volontariat wird im Literaturbetrieb als Ausbildung voll anerkannt. 

Was verbindest du persönlich mit dem LZG? Was konntest du aus deiner bisherigen Arbeit mitnehmen? 

Für mich persönlich war das LZG ein Wegweiser – es war für mich das erste Mal, dass ich wusste, was ich mit meinem Studiengang mal machen kann und hatte eine Antwort auf die typische Frage: „Was machst du denn damit, wenn du fertig bist?“ Durch das LZG bekomme ich Einblicke in den Literaturbetrieb, konnte neue Kontakte knüpfen und Leute im Verein und Autor*innen kennenlernen. Gerade das ist super interessant für mich. Für Studierende, die vielleicht noch nicht genau wissen, was sie am Ende des Studiums machen wollen, aber organisiert sind, Lust auf Eventmanagement haben und Interesse an Literatur zeigen, ist das LZG eine große Chance. Ich habe auch seit einigen Jahren Minijobs, aber beim LZG konnte ich zum ersten Mal konkret sehen, wie meine Arbeit Früchte trägt. Wenn man bei der Moderation einer Veranstaltung den eigenen Namen im Programmheft sieht und denkt: „Hey, das hab ich gemacht“, ist das eine tolle Erfahrung.

Also kann man sagen, du würdest Praktikum und Volontariat beim LZG definitiv empfehlen. 

Ich kann es auf jeden Fall empfehlen! Einerseits aus den Gründen, die ich bereits genannt habe, andererseits auch weil man das Leben in Gießen aus einer neuen Perspektive kennenlernt – nicht nur aus der Sicht von Uni und Campus. Während des Studiums fand ich es oft schwierig, das Gelernte in der Praxis zu sehen und anzuwenden – und gerade das ermöglicht das LZG, man taucht in den richtigen Literaturbetrieb ein. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit hier zu sein – nicht nur, weil man viele nette Leute kennenlernt und im Team immer ein freundliches Miteinander herrscht, sondern auch, weil die Arbeit beim LZG Studium und Praxis verbindet und wirklich Spaß macht.

Vielen Dank für das Interview und die Einblicke!

Das LZG-Logo.
© Literarisches Zentrum Gießen

Falls ihr noch mehr über das LZG erfahren wollt, findet ihr hier noch einen Artikel: 

https://germanistik-magazin-jlu.de/ein-germanistik-studium-an-der-justus-liebig-universitat-giesen/stadt-und-universitat/institutionen-und-events/ein-jahrzehnt-lzg/