Was sind die Schwerpunkte der Professur, an der ich arbeite?
Meine Professur trägt den Titel „Germanistische Linguistik mit dem Schwerpunkt Sprachtheorie und Sprachbeschreibung“. Damit ist im Grunde genommen gemeint: Theoriebildung und empirische Forschung sollten immer eng verzahnt sein: Die Qualität einer Theorie bemisst sich an ihrem Erklärungswert für die Sprachgebrauchsdaten; umgekehrt erhält die Arbeit mit empirischen Daten erst dann wirklich einen Sinn, wenn diese in die Theoriebildung eingebettet werden, wenn ich sie also nutze, um mein Bild von der Sprache zu festigen. Der Anwendungsbereich meiner Forschung ist die Grammatik des Gegenwartsdeutschen und des Neuhochdeutschen (ab 1650). Dabei versuche ich auch, die „Bringschuld“ der Linguistik gegenüber der Öffentlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren, ich beschäftige mich also auch mit der Frage, wie wir mit unserem linguistisch fundierten grammatischem Wissen Fragen der Sprachgemeinschaft beantworten können.
Für welche Themenbereiche schlägt mein Herz besonders?
Auch wenn das für viele seltsam erscheinen mag: Mein Herz schlägt tatsächlich für die Grammatik. Grammatik bedeutet: Verstehen, wie Sprache aufgebaut ist, wie sie funktioniert. Grammatische Strukturen analysieren bedeutet kniffeln und knobeln. Da wird man immer wieder aufs Neue herausgefordert.
Was hat mich zum Germanistikstudium gebracht?
Zum Germanistikstudium bin ich hingegen über das Interesse an Literatur gekommen. Ich wusste vorher noch nichts von Linguistik. Einige sehr gute Dozenten – allen voran Gerhard Helbig und Joachim Buscha, die man im DaF-Bereich als die Autoren der sehr erfolgreichen „Helbig/Buscha-Grammatik“ kennt – haben dann mein Interesse an der Grammatik geweckt und mich somit „umgepolt“.
In diesen Themenbereichen gebe ich gerne Seminare …
Da ich mich aber dennoch auch immer noch für Literatur interessiere, sind besonders spannende Seminare diejenigen Seminare, die ich mit meinem Kollegen Joachim Jacob zu Themen wie „Tempus/Mündlichkeit/Ellipsen in literarischen Texten“ halte. Insgesamt gebe ich Seminare gerne zu Themen, bei denen es für die Studierenden die Gelegenheit gibt, selber durch die Entwicklung von Fragestellungen und Analysen mit linguistischen Daten (meist Korpusdaten) zu Forschern zu werden.
5 Bücher für die einsame Germanistik-Insel …
Peter von Polenz „Deutsche Satzsemantik“: Wir wissen sehr viel über die Grammatik des Satzes. Die Bedeutungsseite des Satzes (nicht des Wortes!) ist hingegen ein Stiefkind der Forschung. Der diesbezügliche Klassiker von von Polenz (1988) bietet sehr viele Anregungen und Beispiele zum Nachdenken. Satzsemantik ist ja zentral: Es geht ja nicht nur darum, wie ein Satz formal-syntaktisch funktioniert, sondern auch darum, was wir damit eigentlich ausdrücken.
Ergänzend würde ich dann doch noch eine Grammatik mitnehmen, und zwar die Monumentalgrammatik des Instituts für deutsche Sprache Mannheim (Zifonun, Gisela et al. 1997).
Da aller guten Dinge drei sind und die Frage den Plural beinhaltete, dann doch noch ein belletristischer Schinken: Am besten Dostojewski, vielleicht „Der Idiot“ oder „Die Brüder Karamsow“.
Mein/e Lieblingsheld*innen in der Literatur?
Da habe ich noch nicht so drüber nachgedacht. Als Kind natürlich Pippi Langstrumpf.
Wer ist mein/e Lieblingsschriftsteller*in?
Wie schon aus Frage 5 ersichtlich, von den „großen Russen“ Fjodor Dostojewski, aber auch Michail Bulgakow. Aus der deutschen Gegenwartsliteratur Wolfgang Herrndorf und Daniel Kehlmann, wegen meiner DDR-Vergangenheit auch Christoph Hein.