von Anne Schulz
„Eigentlich richtig geil!”, so beantwortet die Sängerin der Band „Give Me A Remedy“ (GMAR) nach ihrem Auftritt die Frage, wie es sich anfühlt, ein eigenes Album zu veröffentlichen. Die Gießener Band feierte am Samstag, den 12.07.2025 ihren Release-Gig zum ersten eigenen Album „Last Ones Left Alive“. Es ist ein gewöhnlicher Abend in Heuchelheim – der Ort: das Noise Lab. Eng, schwitzig, aber randvoll mit Energie. Erwartung, Aufregung und Vorfreude sind förmlich greifbar. Kaum erklingen die ersten Akkorde, springt der Funke über: Tanzen, Mitsingen, Moshpits. Die Musik lebt und die Menge lebt mit! Nähe statt Distanz, ehrliche Interaktionen, Stimmen, klatschende Hände. Es fühlt sich nicht an wie ein Auftritt, sondern wie ein gemeinsamer Moment, nicht zuletzt durch die Nahbarkeit der Band und die Interaktion mit den Fans.
„Give Me A Remedy“ ist eine 2020 gegründete Modern-Rock-Band. Die Band besteht aus Sängerin Natalie (Nati) Purdak , Gitarrist Lukas Rink, Bassist Johannes Schlüter, Keyboarder Paul Dreher und Schlagzeuger Joshua Lenz. Im Laufe der letzten fünf Jahre konnte GMAR besonders in Frankfurt, Gießen und Hamburg überzeugen, wo sie bis jetzt die meiste Hörerschaft haben. Doch auch andere Meilensteine kann die Band vorweisen, wie Auftritte in Köln, Bremerhaven oder auf dem Open Flair Festival, bei dem Vertreiben von eigenem Merchandise oder dem Gleiberg-Open-Air-Konzert, das GMAR 2023 und 2024 organisiert haben.
Der Entstehungsprozess ihrer Musik beginnt mit der gemeinsamen Entwicklung eingängiger Melodien. Nati verfasst die Texte, die ein narratives Element in die Musik einbringen, während Lukas die Produktion leitet. Doch welche Emotionen, Einflüsse und Inspirationen prägen die Musik, die für ein volles Noise Lab gesorgt haben? „Last Ones Left Alive“ beschäftigt sich mit einer dystopischen, weltuntergangsnahen Szenerie. Nati erklärt: „Man hat eigene Apokalypsen und bekommt eine Idee von der Echten, Großen.“ Der Song „Last Ones Left Alive“ ist laut Joshua der „Vorzeigesong für das Album und das Weltuntergangsszenario“, mit zusätzlichem Bezug auf Social Media als „modern day apocalypse“. Neben diesen Themen handeln die Songs auch von Alltäglichem wie Identitätsfindung, Missverständnissen und Nostalgie.
Die Überforderung durch Social Media, wie im Song „Last Ones Left Alive“ beschrieben, ist auch für GMAR eine große Herausforderung. „Man steckt fast mehr in die Vermarktung als in die Musik“, gesteht Paul. Der Druck, regelmäßig zu posten und Trends zu folgen, war anfangs unerwartet. Und auch das Untereinander ist in einer Band nicht immer einfach. „Nur weil es nicht so ist, wie ich mir das vorstelle, heißt es nicht gleich, dass es schlecht wird“, hat Joshua durch die Zusammenarbeit gelernt. Proben, Songwriting und Organisation nehmen ebenfalls viel Zeit in Anspruch. Nati berichtet, dass Freund*innen manchmal nicht verstehen, dass dieses „Hobby“ einen Großteil ihres Lebens ausfüllt.
„Give Me A Remedy“ sind inzwischen eine bekannte und geschätzte Band im Umfeld von Gießen. Doch wie sind die Bedingungen der Stadt für das Musikmachen? Die Band sieht Vor- als auch Nachteile: Joshua betont, dass Gießen zwar sehr zentral sei, um schnell nach Frankfurt oder Köln zu kommen. Doch innerhalb von Gießen gebe es kaum Konzerte, die eine „mittlere Größe“ von 200 bis 1000 Menschen aufweisen. „Es gibt eine Musikszene im kleinen Kreis, aber darüber kommt halt nichts mehr.“
Das Veranstalten eigener Konzerte bringt ebenfalls Herausforderungen mit sich. Der Auf- und Abbau werden von der Band und Helfer*innen selbst übernommen, was lange Arbeitstage bedeutet. Paul berichtet, dass beim Konzert in Heuchelheim der letzte Song um 23:00 Uhr gespielt wurde, er aber erst um 03:30 Uhr im Bett lag. Auch Vorverkauf und Werbung sind nervenaufreibend und zeitaufwändig. Dennoch lohnt sich die Mühe, wie Joshua sagt: „Wenn man dann auf der Bühne steht, fühlt man sich schon stolz und dann lohnt sich auch der Aufwand.“
So war es auch in Heuchelheim. Nati hat besonders gefreut, dass viele Besucher*innen GMAR-Merch anhatten, die Texte mitsingen konnten und gemoshed haben. „Es gab nie das Gefühl, man müsste sie so richtig überzeugen. Die haben von sich aus mitgemacht.“ Paul bewertet die Erfahrung ebenfalls als positiv: „Also ich würde sagen: das war einer der spaßigsten Gigs, die ich je hatte.“ Auch das Publikum scheint begeistert. Illing bezeichnete es als „Highlight des Tages“ und genoss es, Freund*innen wiederzusehen, sich gehen zu lassen und gemeinsam zu tanzen. „Man kann seine Sachen einfach mal vergessen.“ Er war bereits bei etwa 25 Konzerten dabei und kennt die Band durch Joshua, der sein ehemaliger Mitbewohner ist. Für Elisa war es das erste Konzert. Sie war begeistert, dass die Band so nahbar war: „Vor dem Konzert habe ich noch mit denen geredet und dann standen die total professionell auf der Bühne.“
Für das nächste Jahr plant die Band Auftritte auf größeren Festivals. Nach dem Release von „Last Ones Left Alive“ wollen sie aber zunächst ein – wie Joshua es ausdrückt – „kleines Päuschen für die Kreativität“ einlegen. Als Ratschlag für andere aufstrebende Künstler*innen gibt Paul noch an, sich nicht mit anderen Musiker*innen zu vergleichen. Nati stimmt zu: „Musik ist kreativ und du kannst machen, was du willst. Du kannst einfach sagen: ‚So bin ich und genau das möchte ich machen.‘“
