Das Interview mit Frau Thürmer wurde von Charlotte Isenberg, Erika Linnerud und Julia Michaelis am 06. Juni 2019 in Frankfurt am Main geführt.
Ein Absolventeninterview mit Anne Thürmer
Mein Name ist Anne Thürmer. Ich bin 31 Jahre alt und habe in Gießen studiert, Bachelor und Master Sprache, Literatur, Kultur.
Im Master mit dem Hauptfach Sprache, habe ich dann verschiedene berufliche Stationen durchgemacht und bin seit April (2019) bei Convent. Das ist ein Unternehmen der ZEIT- Verlagsgruppe. Wir machen Veranstaltungen für die ZEIT und ich bin im Bereich des Digitalmarketings zuständig für den Aufbau einer digitalen Kommunikationsstrategie.
Warum JLU?
Ich habe gesehen, dass die Uni Gießen für den Studiengang Germanistik tolle Bewertungen hat. Es gibt ja Studienführer und solche Dinge, wo man sich so ein bisschen orientieren kann. Und das war auf jeden Fall einer der ausschlaggebenden Gründe, warum ich mich in Gießen beworben habe. Mir hat die Zusammenstellung von Seminaren und Vorlesungen von den Modulen im Bachelor gut gefallen. Das hat mich einfach angesprochen, weil da auch der literatur- und kulturwissenschaftliche Aspekt ziemlich gut ausgeprägt war.
Warum Gießen?
In erster Linie hat die Stadt jetzt keine Rolle gespielt, aber ich fand dieses Kleinstadt-Flair ganz charmant und habe die Umgebung in Gießen auch als sehr weltoffen wahrgenommen.
Fächerkombination?
Im Bachelor hatte ich Sprache, Literatur und Kultur mit der Fächerkombination Germanistik und Geschichte. Also habe ich nebenbei auch noch Geschichte studiert, was sehr spannend war und was auch das literaturwissenschaftliche Studium unheimlich gut ergänzt hat. Im Master habe ich mich dann aus berufspraktischen Gründen mehr auf die Sprache fokussiert. Mir ging es auch darum, mehr Textkompetenz aufzubauen und so auch Mediennutzungsverhalten zu erlernen, um das ebenfalls berufspraktisch einsetzen zu können. Ich habe während des Studiums viele Praktika gemacht und Projektarbeiten in Frankfurt bei unterschiedlichen Unternehmen. Das hat mich dann auch bestärkt, mich im Master mehr auf die sprachliche Ebene, mit Blick auf die Berufswahl, zu fokussieren.
Welche Aspekte aus deinem Studium kannst du in deinem aktuellen Beruf anwenden?
Besonders wichtig sind die Fähigkeiten, die man im Studium so erlernt wenn man praktisch arbeitet. Wenn man zum Beispiel Hausarbeiten schreibt. Man erwirbt ja viele analytische Fähigkeiten, wie zum Beispiel Erörterungen zu schreiben, also Argumente abzuwägen, schlüssige Thesen zu erstellen und auch zu diskutieren und zu bewerten. Dieses analytische Denken und dieses textkritische Arbeiten ist schon etwas, was man hier im Job, auch im Marketing, sehr gut einsetzen kann. Das konzeptionelle Arbeiten habe ich auch im Studium gelernt. Wie erstelle ich Kommunikationskonzepte, vor allem im Bereich PR. Aber auch einfach durch dieses Handling mit den Texten. Man erwirbt in einem germanistischen Studium ja auch ein gewisses Sprachgefühl und eine gewisse Umgangsweise mit Sprache, die man auch in den Alltag überführt und dann auch im Beruf weiter auslebt – also eine bestimmte Sprachkompetenz.
Beispiel für praktische Seminararbeit an der JLU?
Es sind vor allem die praktischen Seminare, die mir sehr positiv in Erinnerung geblieben sind. Ich kann mich noch an ein Seminar erinnern, Einführung in die PR, wo es darum ging ein PR-Konzept zu erstellen. Das sind ja Dinge, die man sonst theoretisch im Studium jetzt nicht so macht – wo man anhand eines realen Fallbeispiels eines Unternehmens mit einem bestimmten Kommunikationsproblem einfach konzeptionell auf einer praktischen Ebene arbeitet, also nicht nur einschlägige Literatur einbezieht, sondern eben auch praktisch mit einem Unternehmen spricht. Wie ist es eigentlich mit einer Zeitplanung, mit einem Budget, was ist da überhaupt machbar in einer Agentur, mit der man zusammenarbeitet. Also ganz pragmatische Dinge, die man ja auch in so einem Kommunikationskonzept durchaus berücksichtigen muss.
„Was kann man denn mit Germanistik machen?“
Ich denke, mit Germanistik kann man eigentlich relativ viel machen – weil es eben nicht so eingeschränkt ist. Das ist genau der Vorteil, Es ist inhaltlich nicht eingeschränkt und mit den Fähigkeiten, die man da erwirbt, muss man eigentlich nur auf sein Bauchgefühl hören und gucken was einem Spaß macht. Wenn man Spaß an Sprache hat, an Kommunikation, an anderen Menschen oder an gesellschaftlichen Themen dann kann man eigentlich fast alles abdecken, was man gerne machen möchte.
Für ganz wichtig halte ich aber schon, dass man sich auch nebenbei orientiert und schaut: ob das jetzt Praktika sind, oder Nebenjobs, oder vielleicht auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Uni zu arbeiten, wenn man sich für einen Forschungsbereich interessiert. Aber dass man auf jeden Fall schaut, oder sich praktisch erprobt und herausfindet, wo eigentlich die eigenen Fähigkeiten liegen. Weil das theoretische Wissen nimmt man mit und auch die sprachlichen Fertigkeiten, die damit verknüpft sind – oder analytische Fähigkeiten. Aber ob einem das dann auch wirklich Spaß macht, wenn man mit der Realität konfrontiert ist in einem Unternehmen, in einem Betrieb, in einem Institut, in einem Verlag – wo auch immer, oder in der Universität. Das sind natürlich noch einmal zwei verschiedene Fragen. Das kriegt man glaube ich nur raus, wenn man das auch ausprobiert.
Würdest du dich nochmal für ein Studium an der JLU entscheiden?
Ja, auf jeden Fall. Die JLU ist eine tolle Universität gewesen. Ich habe mich da sehr gut betreut gefühlt, also auch von den Dozenten in den Abschlussarbeiten in den Seminaren. Es war eine sehr familiäre Atmosphäre und auch eine Ernsthaftigkeit bei der Auseinandersetzung dabei, was nicht bedeutet es hat keinen Spaß gemacht, sondern man hat dort auch mal auf Augenhöhe miteinander Themen diskutiert und Seminare gestaltet, Projekte gestaltet. Das fand ich sehr schön. Also ich würde auf jeden Fall zu einem Studium in Gießen raten.
Tipps für Studienanfänger?
Also, ich würde auf jeden Fall den Tipp geben aufs Bauchgefühl zu hören, und wenn man ein bisschen Spaß hat an Sprache, an gesellschaftlichen Themen, an Kultur, Literatur, Politik und sich dem Ganzen auch gewachsen fühlt, dann stehen einem alle Wege offen. Wenn man lernt, mit Sprache umzugehen und eine Leidenschaft und Liebe dafür hat, dann glaube ich, ist man in der Germanistik und auch an der Uni Gießen in dem Studienfach auf jeden Fall richtig.
Hattest du zu Beginn des Studiums schon Pläne für die Zukunft bzw. eine Vorstellung davon, was dich danach erwarten könnte?
Ich bin ohne Plan in das Studium reingegangen, einfach aus Interesse an den Themen, an Germanistik, an Literatur, an Geschichte. Das war einfach meine Leidenschaft – ich habe immer gerne gelesen und fand Sprache immer interessant – und was man mit Sprache alles bewegen kann. Ich finde Sprache ist eigentlich das einzige Werkzeug, das wir Menschen an der Hand haben, um Dinge zu steuern und positiv zu beeinflussen – was einem auch nicht aus der Hand genommen werden kann.
Es wird ja alles automatisiert, Technik, und alle Prozesse, die in der Berufswelt sind. Aber kommunizieren müssen wir immer noch alle selbst und deswegen finde ich es ganz wichtig, und fand es auch immer schon ganz wichtig, herauszufinden wie das funktioniert, was das zur Verständigung von Menschen innerhalb einer Gesellschaft oder in bestimmten Situationen, sei es beruflich, privat, familiär, kulturell, gesellschaftlich, dazu beiträgt und wie man da selbst irgendwie positiv etwas zu beitragen kann.
Ich wollte das immer verstehen und einen Beitrag dazu leisten und das tue ich jetzt auch. Deswegen finde ich meinen Job auch klasse. Aber als ich mit dem Studium angefangen habe war das, jetzt im Nachhinein kann ich das erkennen, nicht mein Impuls. Da habe erst mal gedacht: Ich orientiere mich, gucke mir an, ob mir das Spaß macht und finde das heraus. Und wenn man es so herausfindet ist das gut, denke ich.