Von Prof. Dr. Cora Dietl
Am 29.6.2022, zum Abschluss eines Kooperationsprojekts zwischen Lodz und Gießen, ist in der Universitätsbibliothek Lodz (BUŁ) unter Anwesenheit zweier Fernsehsender die Ausstellung „Religion, Reim und Regiment. Germanica der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in der Universitätsbibliothek Lodz“ eröffnet worden. Sie wird im Februar 2023 auch in der UB Gießen zu sehen sein. Im Eröffnungsvortrag erklärte Dorota Bartnik, Leiterin der Abteilung Alte Drucke in Lodz, die Genese und den Gegenstand des Projekts, welches vom Bibliotheksdirektor Tomasz Piestrzyński geleitet worden ist. Es wurde 2020–2022 vom polnischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Förderprogramms „Soziale Verantwortung der Wissenschaft“ finanziert und stellte letztlich ein Fortsetzungsprojekt eines Projekts dar, welches die Germanistikprofessorin Joanna Jabłkowka (Lodz) angeregt und die Germanistikprofessorin Cora Dietl (Gießen) 2016–2018 geleitetet hatte, gefördert durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Das erste Projekt hatte der Erschließung der rund 1300 deutschsprachigen Drucke des 16. Jahrhunderts gedient, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die 1945 gegründete UB Lodz gebracht worden waren. Der Großteil davon stammte aus preußischen oder pommerschen Bibliotheken.
Das Fortsetzungsprojekt war zunächst ein Infrastrukturprojekt: 433 deutschsprachige Drucke aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden von Schimmel befreit, katalogisiert, mit alten Katalogen u.a. aus Schloss Plathe und Berlin abgeglichen, komplett digitalisiert und mit dem NUKAT verknüpft. 29 besonders stark beschädigte Bände wurden restauriert. Flankiert wurde diese Arbeit der Germanist(inn)en Małgozata Kubisiak (Lodz), Cora Dietl (Gießen) und Tomasz Ososiński (Lodz). Sie wollten eigentlich eine Ausstellung samt Katalog über interessante Bände aus dem Projekt erstellen. Bedingt durch die Corona-Reisebeschränkungen in der ersten Hälfte der Projektzeit wurde aus dem buchwissenschaftlichen Wissenstransferprojekt ein literaturwissenschaftliches Projekt: Wo Exemplare zunächst nicht eingesehen werden konnten, richtete sich der Blick der drei Wissenschaftler(innen) auf die Texte und auf die Frage, inwiefern man auf der Grundlage der Lodzer Sammlung charakteristische Tendenzen der Literatur und Kultur der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nachzeichnen kann. Die Lektüre entlegener – und sobald die Digitalisate aus Lodz bereitstanden, auch bislang nicht bekannter – Texte förderte Erstaunliches und auch zum Teil auch in Seuchen- und Kriegszeiten verblüffend Vertrautes zu Tage. Veröffentlicht sind die Ergebnisse im Ausstellungskatalog, der unter https://dspace.uni.lodz.pl/xmlui/handle/11089/42239 online verfügbar ist.