© unsplash, Foto: Markus Spiske

Von Ileyda Bingöl

Ab dem Wintersemester 2025/26 steigt der Semesterbeitrag an der Justus-Liebig-Universität Gießen auf 402,13 Euro. Hauptgrund ist das verpflichtende Deutschlandsemesterticket, das allein 208,80 Euro ausmacht – mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags. Hinzu kommen Beiträge für das Studentenwerk (113,70 €), den AStA (14,50 €), Verwaltungskosten (50,00 €) sowie kleinere Posten wie Theaterflatrate, Fahrradleihsystem, Kinozugang oder Gruppenrechtsschutz. Während einige den Beitrag akzeptieren, sorgt die Erhöhung bei vielen für Frust, besonders bei Studierenden mit geringen finanziellen Mitteln. So berichtet Studentin B: „Fast mein gesamtes Gehalt geht für die Semesterkosten drauf.“

Diese Beitragserhöhungen könnten erst der Anfang sein: Sollte das Land Hessen seine angekündigten Kürzungen umsetzen, müssten Studierende mit weiteren Erhöhungen rechnen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der JLU Gießen schlägt deshalb Alarm. In einer Rundmail rief der AStA zur Demonstration gegen die Sparmaßnahmen des Landes Hessen auf. „Das Land will in Millionenhöhe kürzen – das bedeutet für uns: höhere Semesterbeiträge, teureres Mensaessen und sogar mögliche Studiengebühren“, heißt es. Unter dem Motto „#Unkürzbar“ fand am 18. Juni ein hessenweiter Aktionstag statt, an dem auch Gießener Studierende teilnahmen.

Die Erhöhung ist für viele schwer zu stemmen. Studentin S. zeigt wenig Verständnis: „Ich kriege gerade mal 500 € Bafög und soll über 400 € Semesterbeitrag zahlen – das ist doch völlig absurd.“ Besonders das verpflichtende Deutschlandticket stößt auf Kritik: „Ich bin noch nie mit dem Zug gefahren, das lohnt sich für mich überhaupt nicht. Trotzdem zahle ich mehr als die Hälfte des Beitrags genau dafür.“ Auch Studentin B. berichtet von finanziellen Belastungen: „Ich kann nur auf Minijob-Basis arbeiten, weil ich sonst Bafög verliere. Fast mein gesamtes Gehalt geht für die Semesterkosten drauf.“ Eine Rückerstattung? Fehlanzeige. „Ich wollte mir das Ticket zurückerstatten lassen, weil ich an einer Schule arbeite“, erklärt Studentin B. „Aber wegen der neuen Sonderregelungen erfülle ich die Voraussetzungen nicht, obwohl ich das Ticket eigentlich gar nicht brauche.“ Tatsächlich ist eine Rückerstattung des Deutschlandsemestertickets nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Das AStA-Infoblatt listet Kriterien wie ein Auslandssemester, ein Urlaubssemester, schwere Erkrankung oder Doppelimmatrikulation. Wer das Ticket einmal aktiviert hat, verliert die Chance auf Erstattung. Die Fristen sind klar festgesetzt, Kulanzregelungen gibt es nicht.

Laut einer Umfrage des AStA, deren Ergebnisse dem Studierendenparlament vorgelegt wurden, lehnen viele Studierende das verpflichtende Deutschlandticket in der aktuellen Form ab. Viele wünschen sich mehr Flexibilität oder eine Wahloption. Der AStA spricht sich in seiner Mitteilung vom 11. Juni 2025 ebenfalls gegen die derzeitige Lösung aus und fordert mehr Mitspracherecht für Studierende bei der Ausgestaltung des Beitrags. Doch es gibt auch andere Stimmen. Studentin M. sagt: „Ich finde es nicht schlimm, dass der Beitrag teurer geworden ist, da ich es mir leisten kann. Aber ich verstehe nicht, warum es so gekommen ist.“ Sie zeigt Verständnis für andere: „Wenn jemand nur 500 € Bafög bekommt und Miete zahlen muss, ist das natürlich viel.“ Student R. kritisiert die Erhöhung als „No-Go“, auch wenn er selbst noch bei seinen Eltern lebt: „Viele Studierende kämpfen mit den Grundbedarfskosten. Diejenigen, die sich anstrengen und was aus ihrem Leben machen wollen, sollten eher gefördert als belastet werden.“

Die Auseinandersetzung um den Semesterbeitrag steht exemplarisch für ein größeres Problem: die Unterfinanzierung der Hochschulen. Während das Land Hessen über Einsparungen verhandelt, geraten Studierende zunehmend unter Druck. Die AStA warnt vor einem gefährlichen Trend: „Wenn das Land spart, zahlen am Ende die Studierenden – mit schlechterer Lehre, gestrichenen Angeboten und höheren Beiträgen.“ Ob die Proteste Wirkung zeigen, bleibt offen. Doch fest steht: Der neue Semesterbeitrag ist für viele mehr als nur eine Zahl auf dem Überweisungsträger – er entscheidet darüber, ob das Studium noch für alle bezahlbar bleibt.