Oberhessisches Museum

Von Julia Blaser

Interview mit Dr. Katharina Weick-Joch, Leitung Oberhessisches Museum / Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, Direktor Mathematikum / Janine Clemens, Geschäftsführung Literarisches Zentrum Gießen

Kulturelle Einrichtungen mussten im März wegen des Corona-Virus auch in Gießen schließen. Die sukzessiv erfolgenden Wiedereröffnungen stellen die Institutionen vor einige Herausforderungen. Das zeigen die Gespräche mit dem Oberhessischen Museum, dem Mathematikum und dem Literarischen Zentrum Gießen im Juni.

„Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn keine Besucher hier sind“, sagt Dr. Katharina Weick-Joch, die Leiterin des Oberhessischen Museums. „Es ist ein Teil des sozialen Lebens, das wir vermissen.“ Das Oberhessische Museum steht gleich vor zwei großen Aufgaben: Corona und Umbauarbeiten. Die Renovierung im Alten Schloss ist jedoch für einen barrierefreien Zugang notwendig. Die beiden Häuser am Kirchenplatz sind bereits seit Anfang Juni wieder geöffnet und auch das Alte Schloss wird im September nach den Baumaßnahmen wieder Besucher*innen Einlass gewähren. Unter den aktuellen Infektionsschutz-Bedingungen natürlich. Zurzeit kann nur eine begrenzte Anzahl an Personen in das Museum hinein, mit Mund-Nase-Schutz, der Eingang ist im Wallenfels’schen Haus, der Ausgang im Leib’schen Haus und eine „Einbahnstraße“ führt durch beide Gebäude. In Kürze sollen auch wieder Führungen für kleine Gruppen angeboten werden. Vieles läuft über soziale Medien. Auch nach der Pandemie-Phase möchte Weick-Joch Facebook und Instagram nutzen, um über die Sammlungsarbeit, Erwerbungen und Restaurierungen zu berichten. Die Website wird ebenfalls weiter ausgebaut. Ein virtueller Rundgang durch die Ausstellung „Feuer und Flamme für diese Stadt. Das bewegte Gießen in den 80er Jahren“ ist jetzt schon möglich: https://www.giessen.de/Oberhessisches_Museum/ . „Aber die virtuelle Variante ersetzt keinen Ausstellungsbesuch.“ „Feuer und Flamme“ war wegen der Schließungen nur drei Tage zu sehen. „Wir konnten die Idee des Austauschs darüber noch nicht verwirklichen.“ Dies soll aber nach der Renovierung geschehen. Zurzeit werden andere Schwerpunkte gesetzt, viele Dinge hinter den Kulissen laufen aber weiter. Das Projekt für den Herbst ist erst einmal hintenangestellt, denn hier sollten ältere und jüngere Generation zusammenfinden und gemeinsam Zimmer gestalten, was nun nicht stattfinden kann.

Mathematikum Giessen
Foto: Rolf K. Wegst

Auch im Mathematikum werden die Abstandregelungen, Wegeführung und Hygienestationen sehr ernst genommen. „Wir wollen verantwortungsvoll handeln, damit die Besucher hier auch sicher sind“, sagt Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, der Direktor. In drei Zeitfenstern können diese das „Museum zum Anfassen“ nun wieder besichtigen und Experimente ausprobieren. Einige Exponate mussten allerdings erst einmal entfernt werden. „Die, bei denen die Augen, Ohren oder Mund drangehalten werden und die, die nicht effizient zu reinigen sind, wurden entfernt. Die, bei denen man zu nah beieinandersaß, wurden entzerrt.“ Dafür gibt es nun Experimente aus Sonderausstellungen, die berührungsarm funktionieren. Die Anzahl ist die gleiche wie vor der Corona-Zeit. Das Mini-Mathematikum öffnet ebenfalls wieder mit kreativen Neuerungen. Die Online-Angebote, wie Knobelaufgaben und Versuche für Zuhause sollen auch dauerhaft weitergeführt werden: https://www.mathematikum.de/mathematikum-online „Wir wollen den Blick nach vorne wenden und gute Ausstellungen entwickeln“, so Beutelspacher. Die Einrichtung rund um die Welt der Zahlen lebt komplett von den Einnahmen durch die Besucher*innen und hat sich bis zum 13. März selbst finanziert. Für festangestellte Beschäftigte wurde Kurzarbeit beantragt, mit Studierenden wurde unbezahlter Urlaub vereinbart. „Die Mitarbeiter haben alle super mitgemacht“, sagt Beutelspacher. Er habe viele persönliche Gespräche geführt, im Haus und auch mit den Leitungen anderer Museen. „Für mich war es wichtig, mich mit anderen auszutauschen.“

Janine Clemens wünscht sich wieder Lesungen mit Publikum.
Foto: LZG

Janine Clemens muss sich seit ihrer ersten Arbeitswoche als Geschäftsführerin des Literarischen Zentrums Gießen Anfang März mit den Auswirkungen der Corona-Krise und den Einschränkungen beschäftigen. „Veranstaltungen mit Publikumsverkehr durfte ich noch nicht kennenlernen“, sagt sie. Nach der Sommerpause des LZG soll im September aber das neue Programm starten. „Die große Planungsunsicherheit bleibt das Hauptproblem“, so Clemens. Denn auch dann werden noch Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen zu beachten sein. Da die Veranstaltungen in vielen verschiedenen Räumen stattfinden und der häufig genutzte Raum im KiZ (Kultur im Zentrum) zu klein ist, sind Flexibilität und Kreativität wichtig. „Eine Online-Lesung kann das Flair nicht ganz vermitteln, aber wir verschließen uns nicht.“ Das Ziel sei jedoch, die Autor*innen wieder live ins LZG zu holen. Und vor allem weiterhin die Begeisterung für Literatur zu vermitteln. Das funktioniert auch hier gerade über die sozialen Medien, unter anderem durch Literaturtipps, Rezensionen und Verlinkungen zu Podcasts: https://www.lz-giessen.de/ Doch die Corona-Zeit hat auch ihr Positives: „Viele Leute lesen wieder mehr“, berichtet Clemens. „Die Menschen haben wieder mehr den Draht zum Buch gefunden.“ Aber sie freue sich nun auch auf das normale Tagesgeschäft im September.

Im September ist die Gemäldegalerie wieder zu besichtigen.
Foto: Oberhessisches Museum