Das Modul „Literarische Bildung und kulturelle Praxis“ bietet den Studierenden einen Blick über den Tellerrand. Hier werden im 3. und 5. Semester des Bachelorstudiengangs verschiedene Projektseminare angeboten, die einen konkreten Handlungsbezug der Germanistik vorstellen. Neben Theaterstücken und Hörspielen kann so beispielsweise eine Ausstellung zu einem bestimmten Thema entstehen.
Ein solches Projekt war das Seminar zu dem jüdisch stämmigen Dichter Karl Wolfskehl, in dem die Studierenden in Kleingruppen verschiedene (Lebens-)Stationen Wolfskehls aufarbeiteten. Darunter fallen u.a. seine Studienzeit in Gießen, die Mitgliedschaft im George-Kreis und die sein Leben und Werk stark prägende Zeit im italienischen und neuseeländischen Exil.
Bei der Erstellung der Ausstellungstafeln war eine Selektion und Sichtung von Bildern, Handschriften und Manuskripten notwendig. Diese wurden von dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, der Stadtbibliothek und dem Stadtmuseum Münchens, dem Georg-Archiv in Stuttgart, dem Gießener Stadt- und Universitätsarchiv und der Universitätsbibliothek Gießen zu Verarbeitung und Gestaltung zur Verfügung gestellt.
Ziel des Seminars war die Veranschaulichung und kreative Erklärung dessen, nach wem der Seminarraum B128 („Karl-Wolfskehl-Saal“) benannt ist. Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer Ausstellungseröffnung mit Sektempfang in dem Flur vor besagtem Seminarraum präsentiert.
Überraschend, skurril und verbindend – so lässt sich die Exkursion des letzten Sommersemesters unter der Leitung von Professor Doktor Joachim Jacob nach Halberstadt wohl am besten beschreiben. Von dem Seminartitel „Literatur-und Briefkultur, Freundschaft und Geselligkeit im 18. Jahrhundert. Exkursionsseminar im Gleimhaus, Halberstadt“ hatten sich die Masterstudenten in Germanistik in Marburg und Gießen zu Beginn nur wenig versprochen. Sowohl der Seminarplan, als auch die ersten einführenden Sitzungen konnten diesen Irrglauben kaum entkräften. Eine Exkursion auf den Spuren von Johann Wilhelm Ludwig Gleim, von dem bis dato kaum einer der beiden Studentengruppen aus den rivalisierenden Nachbaruniversitäten je etwas gehört hatte, klang nicht gerade nach Spaß und Freude. Ein vollgestopfter Seminarplan bis zum Abend, irgendein Orgelprojekt und eine selbstständige, unorganisierte Anreise unterstützten diese Vorahnung nur weiter.
Nach der Ankunft im Hotel ging es also direkt weiter ins Gleim-Haus für eine erste Führung. Mit dem was die Studierenden dort erwartete hatte aber keiner zuvor gerechnet. Im kleinen Hof ein Kreis voller skurriler Urnen mit bekannten Namen wie Lessing verwirrte die Junggermanisten sichtlich. Natürlich hausten dort nicht die tatsächlichen Überreste der berühmten Schriftsteller. Gleim hatte diese Kuriosität als Andenken seiner vorangegangenen Freunde errichten lassen. Nicht weniger skurril war ein Raum, in dem einen hunderte von Augen anblickten. Im sogenannten Freundschaftstempel hatte Gleim Porträts aller seiner Bekannten aufhängen lassen. Dass man in diesem Raum in geselliger Runde saß, war nur schwer vorstellbar. Doch schnell wurde klar, je mehr die Studierenden über den exzentrischen Dichter und Gesellschafter Gleim erfuhren, desto interessanter wurde die Exkursion. Die Seminarstunden vergingen ungewöhnlich schnell, dar die Präsentationen in Bewegung stattfanden, man konnte am Nachbau von Gleims Schreibtisch spaßen und die Kälte des Hauses genießen während draußen Temperaturen von über 30 Grad das Gras austrockneten. Abends ging es zum gemeinschaftsstiftenden Pizza-Essen oder Picknicken und danach begann der richtige Spaß. Wie auf Klassenfahrten versammelten sich die Studenten im größten Zimmer und ließen keine Wein- oder Bierflasche ungeöffnet. Wer lieber die frische Luft genießen und seiner Zigarettensucht frönen wollte, der setzte sich im Hof mit seinem Bier zu den Bauarbeitern, die im gleichen Hotel eingecheckt hatten.
Doch die größte Überraschung war wohl das Orgel-Projekt, wo sich manch einer nur widerwillig breitschlagen ließ, trotz Freiwilligkeit, doch beizuwohnen. Das John-Cage-Orgel-Projekt enttarnte sich für so manchen als spirituelle Erleuchtung. Dabei soll über 639 Jahre so langsam wie möglich ein Musikstück abgespielt werden, seit 2013 und noch bis 2020 spielt also durchgängig ein und der selbe Ton in den Hallen eines alten Klostergebäudes. Einmal im Gebäude scheint das Konzept von Zeit schnell surreal. Zufrieden und halb in Trance wirkten viele Studenten beim Verlassen des überraschend angenehmen Orts. Am Ende fuhren die Germanistik-Kurse enger den je und sichtlich zufrieden nach Hause. Freundschaft und Geselligkeit waren also nicht nur im 18. Jahrhundert, sondern auch in Halberstadt 2018 in knapp drei Tagen greifbar geworden.
Durch den Studierendenausweis erhalten die Studierenden gleichzeitig das Semesterticket, mit dem sie unterschiedene Angebote nutzen können. Die wichtigsten sind hier zusammen gefasst. Es gibt durch das Vorzeigen auch oft ermäßigten Eintritt in Museen, Ausstellungen und manchmal auch beim Dönerladen um die Ecke.
Kostenloser ÖPNV
Mit dem Semesterticket kann der ÖPNV in Hessen und im südlichen Nordrhein-Westfalen genutzt werden. Einfach den Studierendenausweis mitnehmen und schon kann die Tour durch Hessen beginnen. Das Ticket gilt nur für den Nahverkehr, ICE Verbindungen sind also ausgenommen. Die Gültigkeit ist immer vom 01.03 bis zum 30.09 und vom 01.09 bis zum 31.03.
Weitere Infos hierzu findet ihr auf der Seite http://asta-giessen.de/neuer-gueltigkeitsbereich-des-semestertickets/
Theaterticket
Der Studierendenausweis ermöglicht zudem den kostenlosen Eintritt in Theater Gießen. Für jede Vorstellung kann drei Tage vor Vorstellungstermin eine Freikarte erworben werden (so lange noch Karten verfügbar sind). Das Ticket und den Ausweis einfach am Abend der Vorstellung mitbringen und dann das Theaterstück genießen.
Freibadflatrate
In Gießen gibt es drei Freibäder (Ringallee, Kleinlinden und Lützellinden) zu denen die Studierenden kostenlosen Zutritt haben. Einfach mit dem Ausweis zur Kasse gehen und schon gibt es kostenlosen Eintritt. Und das unbegrenzt! Wenn es an der Kasse zu voll sein sollte, dann gibt es die Möglichkeit eines Fast-Lane-Tickets. Für 5€ Pfand bekommt man eine Zeitkarte und kann mit dieser und dem Ausweis direkt ins Schwimmbad und muss nicht mehr an der Kasse anstehen.
Leihräder an verschieden Standpunkten in der Stadt
Mit einem Leihradsystem erleichtert die JLU seit 2018 die umweltfreundliche Mobilität der Studierenden und vernetzt die verschiedenen Campusbereiche noch besser. Mittlerweile gibt es 360 Leihräder an 17 Stationen. Das Leihradsystem des Betreibers nextbike können alle Interessierten nutzen – ihr als Studierenden der JLU sogar zu Sonderkonditionen.
Die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) hat gemeinsam mit der Technischen HochschuleMittelhessen (THM) und den jeweiligen ASten ihr Leihradsystem ausgeweitet: Ab sofort stehen an 17 Stationen in den Campusbereichen der JLU und der THM sowie im Bereich des Gießener Bahnhofs insgesamt 360 Sieben-Gang-„Ecobikes“ des Betreibers nextbike bereit, davon 300 Räder in JLU-Blau und 60 in THM-Grün. Egal ob blaues JLU-Rad oder grünes THM-Rad: Alle Leihräder können von Studierenden der JLU genutzt werden, aber auch von allen anderen Interessierten. Für euch als Studierende entstehen für die ersten 30 Minuten jeder Ausleihe, keine weiteren Kosten. Über den Semesterbeitrag zahlt ihr aktuell 1€ für die 30 Freiminuten pro Fahrt. Nach einer Pause von 15 Minuten könnt ihr ein neues Rad mit Freiminuten ausleihen.
Gießener Umland
Das Gießener Umland bietet neben vielen schönen Städten, die kostenlos durch das Semesterticket erreicht werden können, eine wunderbare Natur und viele attraktive Unternehmungen. Für Germanistikstudierende sind dabei besonders die zahlreichen Museen in Frankfurt interessant, sowie das Theater und die Oper. Daneben gibt es hier viele Verlage und Zeitungen, die gerne Studierende aus Gießen nehmen und ihnen ein Praktikum ermöglichen. Alle Vorteile einer Großstadt kann man auch in Gießen haben und man muss noch nicht mal in ihr wohnen.
Das bekannteste Mittel der Studienfinanzierung ist im Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, verankert.
Ziel des BAföG ist es, allen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation eine Ausbildung zu absolvieren, die ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht.
Im Regelfall ist das BAföG zur einen Hälfte ein Zuschuss vom Staat, zur anderen Hälfte ein zinsloses Darlehen und muss zurückgezahlt werden.
Der gesetzliche Höchstbedarfsatz liegt zur Zeit bei 735,00 Euro pro Monat. Der Höchstbedarfsatz setzt sich aus dem Grundbedarf in Höhe von 399,00 Euro und individuellen Zuschüssen zusammen: einer Unterkunftspauschale bei elterlicher Wohnung in Höhe von 52,00 Euro oder bei auswärtiger Wohnung in Höhe von 250,00 Euro und einem Krankenversicherungszuschlag von 71,00 Euro und einem Pflegeversicherungszuschlag in Höhe von 15,00 Euro (wenn keine Familienversicherung besteht).
Wie viel Jeder im Einzelfall bekommen, hängt von eigenen Einkommen und Vermögen und vom Einkommen der Eltern/Ehepartners ab.
Detaillierte Auskünfte erteilen Ihnen gerne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes für Ausbildungsförderung in Gießen.
Durchgängig geöffnet, montags bis donnerstags von 9:00 bis 15:00 Uhr, freitags bis 14:30 Uhr. Eine vorherige Terminabsprache ist nicht notwendig.
Das Literarische Zentrum Gießen e.V. ist ein im November 2009 gegründeter Verein zur Pflege und Förderung der literarischen Tradition und Kultur der Universitätsstadt Gießen und ihrer Region.
Gießen verfügt über eine ausgeprägte literarische Infrastruktur: Neben literarischen Traditionen (begründet etwa von Nikolaus von Gießen, Johann Balthasar Schupp(ius), Friedrich Maximilian Klinger, Georg Büchner, Alfred Bock oder Ernst Eckstein), die auf vielfache Weise aktualisiert werden, besitzt Gießen ein breit gefächertes Angebot zur Gegenwartsliteratur. Hier spielen auch engagierte Autoren aus der Region eine entscheidende Rolle.
Das im Jahr 2009 gegründete Literarische Zentrum Gießen (LZG) verfolgt das Ziel, das literarische Leben der Stadt, welches im Rahmen von Lesungen, Ausstellungen, Festivals, Schauspielen, Führungen und Vorträgen stattfindet, zu fördern und mit weiteren Impulsen zu versehen. Hier gilt es, die bestehenden Instanzen der Literaturvermittlung (Schulen, Kirchen, Buchhandel, Universität, Stadttheater, Bibliotheken) durch gemeinsame Programme und neue Veranstaltungsformate zu vernetzen und in ihren literarischen Bemühungen zu unterstützen. Das Zusammenwachsen von Stadt und Universität auf dem Feld der Literatur ist dabei ein wichtiges Ziel des Vereins.
Oftmals werden Seminare (Projektseminar wie Theater, Lesungen, Literaturveranstaltungen usw.) in Germanistik in Kooperation mit dem LZG organisiert und für die Studierenden gibt es das Angebot durch Praktika und Volontariate praktische Erfahrungen zu sammeln.
Musik- und Kunstverein (MuK)
Aus einem ehemaligen Militärbunker entstand eine der wichtigsten Locations des Gießener Nachtlebens, der sogenannte MuK. Eine lebhafte Kulturstätte in der nicht nur zahlreiche Konzerte und abwechslungsreiche Partys, sondern auch interessante Ausstellungen, spannende Lesungen u.v.m. angeboten werden. Die dazugehörige Kneipe „1022“ lädt zu einem gemütlichen Beisammensein mit Kaltgetränken ein und dank der eher abseits gelegenen Lage gehen laute Partys und Konzerte gerne bis in die tiefsten Morgenstunden. Es gibt zahlreiche Parkplätze vor Ort, der Nachtbus bringt euch dank des Semestertickets umsonst zum MuK bzw. wieder in die Stadt und ansonsten teilt man sich unter Studenten auch gerne mal ein Minicar, welches innerhalb von Gießen nur 6 € kostet. Ein Besuch des Musik- und Kulturvereins gehört quasi zum „Pflichtprogramm“ eines jeden Studenten. Zu findet ist das MuK „an der Automeile 16, 35394 Gießen“.
Für Bücherwürmer zum Stöbern gibt es …
….zentral am Berliner Platz die Stadtbibliothek Gießen.
….zahlreiche Buchläden rund um die Innenstadt, wie von der großen Kette Thalia bis zur J. Ricker’sche Universitäts- Buchhandlung.
…das Antiquariat Annemarie und Ulf Zellmer in Wieseck (Rabenstr. 4, 35394 Gießen).
…den Comic-Dealer Giessen (Walltorstr.35, 35390 Gießen), für Fans von Graphic-Novels, Mangas und Comics.
Studentenkneipen, wohin man blickt. Gießen ist nun mal Universitätsstadt durch und durch und versprüht einen ganz eigenen, leicht alternativen Flair. Fast die Hälfte der Einwohner sind Studierende. An der größten Hochschule der Stadt, der Justus-Liebig-Universität Gießen, sind zurzeit rund 28.000 Studierende immatrikuliert. Dies macht Gießen zu einer sehr jungen und lebendigen Stadt.
Wohnsituation der Studenten
Sehr viele Studierende in Gießen leben gemeinschaftlich in WGs zusammen, manchmal auch alleine oder in einem der Studentenwohnheime. Aktuelle Angebote auf dem Gießener Wohnungsmarkt lassen sich auf WG-gesucht oder auf der JLU-Homepage finden.
Miete und Lebenshaltungskosten in Gießen
Die Wohn- bzw. Mietkosten liegen je Monat bei etwa 154 Euro pro Student, fürs Studium geben die Gießener circa 111,2 Euro aus. Die Fixkosten liegen mit 642,3 Euro pro Student vergleichsweise niedrig – Studierende in Ludwigshafen müssen beispielsweise mit 890 Euro richtig tief in die Tasche greifen. Der Bundesdurchschnitt beläuft sich in Sachen Fixkosten auf 650 Euro. Wer Hilfe bei der Finanzierung seines Studiums benötigt, kann hier BAföG beantragen.
Weitere Informationen zu diesem Thema findet Ihr auf der Seite der Jobmensa.
Im Rahmen des Mediävistik-Seminars „Cusser mih mit cusse sines mundes. Frühe deutsche Übertragungen des Hohelieds sollten uns neben der Betrachtung und Analyse diverser Rezeptionen und Textvarianten eine Überraschung erwarten. Unsere Dozentin, Frau Prof. Dr. Cora Dietl, schlug vor, dass wir im Laufe des Semesters eine kurze Exkursion nach Darmstadt einplanen könnten, um in der Bibliothek der dortigen Universität einen Blick auf die Originale einiger Handschriften zu werfen und mit diesen zu arbeiten. Dieses Vorhaben fügte sich hervorragend in den Kontext des Seminars ein, welches mit einer allgemeinen Einführung zum Hohelied begann.
Oberflächlich betrachtet handelt es sich bei dem Hohelied um eine Sammlung von romantischen und teilweise erotischen Liebesliedern, in welchen ein Mann und eine Frau abwechselnd ihre gegenseitige Liebe und Sehnsucht zum Ausdruck bringen. An dieser Stelle kann man sich fragen, was ein solcher Text im alten Testament zu suchen hat – bis der Begriff der Allegorie ins Spiel gebracht wird. Die besonders bildhaften Beschreibungen innerhalb des Hohelieds ermöglichen verschiedene Betrachtungsebenen und münden nicht selten in einem Verwirrspiel, um wen es sich bei den auftretenden Protagonisten (vor allem im christlichen Kontext) wirklich handelt.
Um die bereits existierenden Deutungen näher kennenzulernen, betrachteten wir im Laufe des Semesters verschiedene Versionen und Kommentare zum Hohelied – zum Beispiel die „Expositio in Cantica Canticorum“, die erste Übersetzung aus dem Lateinischen ins Althochdeutsche von Williram von Ebersberg (um 1060) und den „Leidener Williram“ (um 1100), welcher eine dialektische, nicht exakte Abschrift der ursprünglichen Übersetzung ist.
Am 07. Juni 2019 sollten wir endlich dem „Darmstädter Williram“ (15. Jh.) begegnen. Auf unterschiedlichen Wegen begaben wir uns am Morgen auf die Reise nach Darmstadt. Am Eingang der Universitäts- und Landesbibliothek wurden wir freundlich empfangen und durch ein Labyrinth der uns unbekannten Räumlichkeiten in den Bereich der Handschriftensammlungen geführt. Zwei Mitarbeiter der Abteilungen ‚Historische Sammlungen‘ und ‚Bestandserhaltung‘, die uns während der Sichtung betreuen sollten, händigten uns zum Schutz der wertvollen Handschriften Einweghandschuhe aus und erläuterten den folgenden Ablauf. Neben der eigentlichen Betrachtung der Texte erfuhren wir so auch einiges über den korrekten Umgang mit den Werken. Beispielsweise informierte man uns, dass die Bücher möglichst nacheinander untersucht werden sollten, um sie nicht allzu lange dem hellen Licht und der erhöhten Luftfeuchtigkeit auszusetzen. Selbst das Umblättern wurde größtenteils von dem umsichtigen Mitarbeiter übernommen, welcher die für uns relevanten Seiten mit schweren, samtig anmutenden Schnüren fixierte.
Inhaltlich gesehen wurde uns durch den Besuch in Darmstadt ein direkter Vergleich im Hinblick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Versionen der Abschriften ermöglicht, welcher durch die Arbeit an einer originalen Handschrift eine andere Wirkung entfaltet hat, als es eine einfache Kopie in einem Raum am Phil I in Gießen gekonnt hätte. Die Betrachtung der Originale war nicht nur beeindruckend, sondern hat – neben den Einblicken in die anspruchsvolle Arbeit der für die Handschriften zuständigen Mitarbeiter – ein tieferes Bewusstsein für den Wert der Schriften und die Bedeutung der Untersuchungen innerhalb unseres Seminars und darüber hinaus geschaffen.
Das Projektseminar rund um die Exkursion in das Deutsche Literaturarchiv Marbach bildete zuerst eine Grundlage für die dortige Archivarbeit. Neben zentralen historischen und theoretischen Aspekten, Arbeitsweisen und Erkenntniszielen literaturwissenschaftlicher Quellen- und Archivarbeit standen dabei auch Kompetenzen zur selbständigen Erarbeitung und Durchführung von quellenbasierten Forschungsprojekten im Fokus.
Zur konkreten Ausführung der Recherche lernten die Seminarteilnehmer*innen im Vorfeld die Grundlagen des Recherchetools Kallias des DLA kennen. Während des dreitägigen Aufenthaltes in Marbach wurde dann mit den Originalmaterialien vor Ort eigenständig an den Projekten gearbeitet. Untersucht wurden, ausgehend von Alfred Andersch, die Briefwechsel mit Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Nelly Sachs und Wolfgang Koeppen. Die folgende Zeilen spiegeln dabei zusammengefasst ein Exkursions-Programm wieder, wie man an der JLU Gießen erleben kann.
Der erste Tag – Die Spannung steigt…
Erwartungsvoll und von den Baustellen der Autobahnen um Stuttgart gebeutelt, erreichten mehrere Wagen die Schillerhöhe in der Stadt Marbach am Neckar. So verregnet der Tag bis dahin auch gewesen sein mochte, umso größer mögen die Erwartungen der Student*innen der JLU gewesen sein. Unweit eines Wohngebietes gelegen, vermittelte das Literaturarchiv mit danebenliegendem Schloss und Schillermuseum, schon von weitem eine gewisse Imposanz. Auch das moderne Gästehaus, das sich Kollegienhaus nennen dürfte, verstärkte den Eindruck sich an einem besonderen Ort zu befinden.
Das Literaturarchiv selbst, ein Bau aus den 60er-Jahren, erinnerte von außen fast ein wenig an das Haus der Mathematiker der JLU. Weite Fenster im oberen Bereich, ließen nur in Ansätzen erahnen, welche Schätze sich in den unteren Archivräumen verbergen würden. Vielleicht lässt es sich mit einer Mischung aus dem Charme vergangener Zeit und der gleichzeitigen Aura eines öffentlichen Gebäudes am eingängigsten charakterisieren, das eben nicht ohne Betonfronten auskommt, dabei gleichzeitig versucht, durch breite Flure und geschwungene Fensterfronten, etwas von seiner Schwerlastigkeit aufzuheben.
Der Ankunftstag aber, spielte sich nicht im Archiv ab. Es galt zunächst das jugendstilhafte Schloss mit seinem Schiller-Museum zu besichtigen. Natürlich konnte man hier allerlei Büsten und Bilder des großen Literaten sehen. Auch ein Teil seiner Kleidung wurde nebst Schillerlocken ausgestellt. Schiller war der Popstar seiner Zeit, soweit moderne Begriffe greifen mögen jedenfalls. Seine Locke Gönnerzeichen, genetische Autogramme eines Dichters und Denkers, deren Herkunft häufig unklar ist. Was in den hohen Räumen des Schlosses aber besonders auffiel, das waren Manuskripte aus Schillers Leben. Auch historische Bücherausgaben beherbergten die großen Schaukästen. Ein erster Blick also auf historisches Material mit Quellenwert, jenseits von den gedruckten Ausgaben der Klassiker in den bekannten editierten gelben Büchlein, nichts für Bus und Bahn, sehr wohl aber für das Bewusstsein über Zeit und Vergänglichkeit. Ein anderer Teil der Ausstellung widmete sich modernerer Literatur. Seien es Briefe bekannter Autoren, wie Ingeborg Bachmann oder Paul Celan oder mit der Schreibmaschine geschriebene Manuskriptseiten von Autoren der vergangenen Jahrzehnte. Es sind die Kuriositäten, die hier in Erinnerung bleiben. Erich Kästners Emil und die Detektive, auf nur vier Papierseiten zum Beispiel, stenographisch vom Autor selbst verfasst, oder Martin Mosebachs Kapitelskizzen zu einem seiner Romane – blaue Tinte in winzig-kleiner Schrift, ohne auch nur den kleinsten Freiraum auf dem Papier zu lassen.
Dieser erste Archivtag, den die Gruppe am Abend dazu nutze, regionale Küche in einem Restaurant unweit des historischen Schillerhauses kennenzulernen, brachte einem nicht nur den Entstehungsprozess von Literatur näher, sondern die Menschen hinter dem Buch. Das Unmittelbare, das hinter jeder literarischen Veröffentlichung steht. Der Gedanke, die Schrift und der Entwurf von etwas, dass sich erst nach der Veröffentlichung in die Gedächtnisse von Millionen von Lesern einschreiben kann.
Vom passiven Beobachter zum forschenden Germanisten … die Archivarbeit
Das Programm der folgenden beiden Tage fokussierte sich dann auf die eigentliche Seminararbeit mit den Handschriften des Archivs.
Am zweiten Tag machte eine informative Führung durch das Archivgebäude dabei den Anfang und bot den Student*innen zahlreiche Perspektiven. Von Einblicken in die geschichtliche Entwicklung der Schillerhöhe und des Archivs selbst genauso, wie über die Auswahl- und Verwaltungsprozesse der Autorennachlässe. Auch die alltäglichen Arbeitsabläufe, wie die Aufarbeitung und Arbeit mit den Dokumenten, wurden bei einer Tour durch die Regal- und Kästen-Landschaft im Keller des Archivgebäudes anschaulich. Die Mitarbeiter*innen des Archivs kümmern sich zum Beispiel neben der (präventiven) Konservierung und Restaurierung des Bestands auch um die digitale Bestandserhaltung und die Pflege von Exponaten.
Anschließend konnten sich die Student*innen selbst im Handschriftenlesesaal mit ihren Arbeitsmaterialien beschäftigen. Diese waren nach einer Einführung in die Benutzung der Suchmaske des Archivs schon im Voraus in Gießen bestellbar und zugänglich.
Vor Ort lagen diese dann zur Ansicht bereit und konnten mit Blick auf die verschiedenen Fragestellungen rund um Alfred Andersch und die Menschen in seinem beruflichen und privaten Umfeld im Handschriftenlesesaal untersucht werden. Die Möglichkeit, bei der Arbeit auch einmal die Originale solcher Briefwechsel in den Händen zu halten, bot das Gefühl einer kleinen Zeitreise und ist definitiv auch für Germanistikstudent*innen eine Besonderheit!
So konnten die Student*innen zum Beispiel über den persönlichen Briefverkehr, die Bewertung von Manuskripten, dokumentierte Gehaltsverhandlungen, Terminabsprachen und sogar Postkarten einen Eindruck von der Arbeit Alfred Anderschs gewinnen. Ganz nebenbei versuchten sich alle Anwesenden auch in der Deutung unleserlicher Handschriften. Auch der Umgang mit den filigransten Dokumenten und deren sachgemäße Behandlung schuf eine Basis dafür mit den historischen Auszügen einer Autorenvergangenheit sachgemäß umzugehen.
Nach einem langen Arbeitstag konnten dann am Abend zwischen Döner, Pizza und Eis alle kulinarischen Wünsche erfüllt werden. Die charmante und sehenswerte Umgebung abseits der Aktenkladden unweit der Marbacher Schillerhöhe bot dabei einen zusätzlichen Ausgleich.
Am dritten Tag der Exkursion wurden noch einmal die bestellten Handschriften unter die Lupe genommen und dabei letzte Informationen für die Projektarbeiten gesammelt. Nachdem die verschiedenen Arbeitsgruppen bei einem letzten Treffen kurz ihre Ergebnisse der Archivarbeit besprechen konnten, machten sich die Teilnehmer*innen auf den Weg zurück in die mittelhessische Heimatstadt.
Den Autoren auf der Spur – Was bleibt?
Was bleibt nun aber von Archiv, verstaubte Briefe empfindliche Durchschläge und der Mief der Jahrzehnte – nein es sind die Persönlichkeiten hinter Büchern und bekannten Werken, denen man in Marbach auf die Schliche kommen konnte. Nicht selten erhielten die Studenten dabei einen exklusiven Einblick in die Arbeit und den Zeitgeist des Literaturbetriebs der 1950er bis 1970er Jahre. Und da nun Zeitreise noch nicht möglich sind, ist es vor allem die Quellenarbeit mit der man in Marbach Brücken zum Vergangenen bauen kann. Und eines darf man bei der Arbeit mit Archivalien nicht vergessen: Hinter jedem augenscheinlichen Cold Case einer Autorenbiographie finden sich zwischen unscheinbaren Dokumenten, vielleicht auch Dinge, die man so noch nicht gesehen und gelesen hat.
Interessieren euch Exkursionen? Dann schaut doch auch hier vorbei.
Cookie-Zustimmung verwalten
Wir verwenden Cookies, um unsere Website und unseren Service zu optimieren.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.