© Fatima Ahzaoui

Von Fatima Ahzaoui

Ein Höhepunkt für Literaturbegeisterte: Sechs unabhängige Buchhandlungen aus Darmstadt haben es sich zur Tradition gemacht, ihre persönlichen Lieblingstitel der Saison zu präsentieren. Ursprünglich ins Leben gerufen, um in der Weihnachtszeit passende Geschenke zu empfehlen, wird diese Veranstaltung nun mehrmals im Jahr angeboten. Am 11. Juni wurden zehn Sachbücher auf offener Bühne vorgestellt – perfekt als (Sommer-)Lektüre oder zum Verschenken. Die Themen reichten von Altern und Reisen über Kunst bis Comics.

Die erste Buchhändlerin stellte Elke Heidenreichs Buch „Altern“ vor und erläuterte, dass Heidenreich zunächst abgelehnt hatte, über das Altern zu schreiben, da sie lieber etwas über Wohnen machen wollte. Doch dann habe die Autorin überlegt: „Mensch, ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich altere“ und entschied sich schließlich, es doch zu tun – eine Anekdote, die das Publikum zum Lachen brachte. „Man schaut auf sein Leben zurück und sieht das Glas als halbvoll“, zitierte die Vortragende Heidenreichs positiv entwickelte Sicht auf das Altern und las: „Man muss im Heute leben…Wir haben in Notlagen demonstriert, wir haben Paragraph 218 in aller Munde gebracht, wir haben viel für die Friedensbewegung gemacht“. Diese Worte aus dem Buch zeigten, „dass man sich an den positiven Dingen des Lebens erfreuen und aus Sorgen und Krieg wieder Gutes entstehen kann“, so die Buchhändlerin, die hinzufügte, wie wichtig es sei, das Leben anzunehmen und aus Erfahrungen zu lernen. 

„Das Werk ‚Unter Verrückten sagt man Du‘ kann einen nur faszinieren, weil es wahnsinnig viele Informationen gibt, auch darüber, wie im Nazi-Deutschland mit Menschen umgegangen wurde. Es enthält Details, von denen ich noch nie gehört habe“, so eine weitere Referierende. Es behandele die eigenen Erfahrungen der Autorin, die selbst psychisch krank eine Zeit lang in der Psychiatrie war. Trotz ihrer Krankheit reiste sie viel, war erfolgreich, studierte mehrere Fächer, wie Religionswissenschaften, Philosophie und Etymologie und arbeitete bei namhaften Zeitungen wie der ZEIT und der taz. Krankheiten, wie Schizophrenie, würde man oft mit Medikamenten behandeln, wobei Reden mehr bewirken könne. Auch der Autorin habe Kommunikation geholfen, „statt vollgekleistert zu werden mit Medikamenten und den Verstand damit lahmgelegt zu bekommen“.

„Ich könnte ganz viel erzählen, weil das Buch mich sehr berührt hat. Ich kann mich an meine Zeit in der Ausbildung erinnern. Da hat man uns damals gesagt: Verrückt heißt eigentlich nur, nicht mehr im Zentrum zu sein. Nicht mehr da zu sein, wo viele andere sind, sondern ein bisschen außerhalb“, so die Händlerin über sich. Sie selbst habe das Wort „verrückt“ gern im positiven Sinne benutzt. „Wenn man einmal als psychisch krank bei Freundinnen und Verwandten abgestempelt wird, dann verliert man das nie und die Leute haben Hemmungen und behandeln einen mit Distanz “, zitierte sie aus dem Buch und war begeistert vom Umgang der Autorin mit dem Begriff „verrückt“. Das Buch erzähle vom Mut zur Selbstbestimmung auch jenseits der Norm.

„Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist Kunst“ von Jakob Schwerdtfeger, einem Stand-up-Comedian und Freestyle-Rapper, soll Menschen für Kunst begeistern, die sich normalerweise nicht damit beschäftigen. Die Referentin beschrieb die Publikation als „nicht unbedingt schlimm, aber etwas wild“ und sprachlich „total flapsig und grob“. „Ich war echt geflasht, wie er einen zur Kunst führt. Er hat für alles Liebe, auch für die Toilette von Marcel Duchamp“, führte sie aus, was für großes Gelächter im Publikum sorgte. Sie machte auf das Nachhaltigkeitsmarketing des Verlags aufmerksam, „weil er Schrift verwendet, die am wenigsten Farbe verbraucht“, und scherzte, dass das Buch wohl so nachhaltig sei, „dass man es danach in die Biotonne werfen könnte“.