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Von Ekatherina Doulia

„Es ist nicht gerade einfach, nach einem Job zu suchen. Entweder finde ich nichts Passendes oder ich habe zu wenig Erfahrung“, sagt Denise Müller, studierte Ökosystemmanagerin, im Interview. Frustriert schildert sie ihre aktuelle Situation und ist damit kein Einzelfall. Aktuelle Zahlen der Agentur für Arbeit zeigen einen Anstieg an beschäftigungslosen Akademikern seit Ausbruch von COVID-19. Viele kämpfen mit den erschwerten Bedingungen: Arbeitssuchende und Berufseinsteiger*innen.

2019 haben an der Justus-Liebig-Universität Gießen 141 Studierende einen Abschluss in der Germanistik erworben. Einige Absolvent*innen konnten vor der Corona-Krise in einem Beruf starten, manche befinden sich immer noch auf Jobsuche. Laut des Hochschulteams der Agentur für Arbeit gibt es seit Anfang des Jahres einen deutlichen Anstieg der Erwerbslosenzahlen, auch bei Akademikern. Besonders stark betroffen ist der Raum um Frankfurt, wohingegen in Gießen der Anstieg nur bei etwa zehn Prozent liegt. Während eine „besondere Fachrichtung dabei nicht auffällig“ sei, seien vor allem Branchen wie Tourismus, Automobilbranche, Gastronomie und Eventmanagement stark betroffen. 

Ein Blick in Portale wie Stepstone.de oder xing.de zeigt: Stellen werden weiterhin ausgeschrieben. Der Bedarf nach neuen Beschäftigten scheint also da zu sein. Wie kommt es also dann zu den erhöhten Arbeitslosenzahlen?

„Das Hindernis ist nicht unbedingt die Anzahl an Ausschreibungen. Es liegt vielmehr an den Anforderungen und den allgemeinen Bedingungen“, meint Denise Müller. Sie befindet sich seit ihrem Abschluss im März auf Jobsuche und hat bislang kaum Erfolg. Vor allem die geforderte Berufserfahrung scheint durch Corona relevanter zu sein. Durch das teilweise wegfallende persönliche Anlernen steigt man direkt im Homeoffice ein. Vorgesetzte seien ihrer Meinung nach darauf angewiesen, dass „der neue Angestellte schnell selbständig handeln kann und nicht erst noch angelernt“ werden müsse. Berufsanfänger*innen ohne praktische Erfahrung haben dadurch „sehr schlechte Karten, überhaupt einen Job zu finden“. 

Schwierigkeiten sieht dagegen das Hochschulteam der Agentur für Arbeit vor allem in „der großen Unsicherheit über die eigene Situation“ – auf Seiten der Unternehmen und der Erwerbssuchenden. „Bestehende Pläne mussten verworfen werden und keiner kann genau sagen, wie die Wirtschaft in einigen Monaten aussehen wird.“ Vor allem Firmen seien davon stark betroffen. Durch Kurzarbeit und eine drohenden Insolvenz müssen Ausschreibungen zunächst auf Eis gelegt werden.

Ähnliches berichtet Deborah Kresov, Germanistik-Studentin im Master, die aufgrund der Corona-Krise ihre Aushilfsstelle im Social-Media-Marketing eines Unternehmens verloren hat. Sie ist von ihrer „Tätigkeit finanziell abhängig und muss schnellstmöglich eine neue Anstellung finden, am besten in Teilzeit und in der Region“. Doch auch sie hat Schwierigkeiten bei der Suche. Aufgrund der Corona-Krise mussten viele Unternehmen auf Kurzarbeit umschwenken, wodurch „in einigen Branchen kaum neue Jobs ausgeschrieben werden“. 

Vor ganz anderen Herausforderungen sieht sich eine Germanistik-Absolventin gestellt, die seit Februar als Presse- und Öffentlichkeitsreferentin tätig ist. Nach ihrem Master-Studium befand sie sich knapp ein dreiviertel Jahr auf Jobsuche, bis sie endlich die Zusage bekam. „Leider kam aber genau drei Wochen später die Aufforderung zum Homeoffice wegen Corona. Mitten in meiner Einarbeitung.“ Vor allem die fehlende Vernetzung mit den Kollegen und mangelnde Kenntnis der einzelnen Abläufe seien negative Auswirkungen der Krise. „Ich wusste anfangs nicht, was ich alleine von Zuhause aus erledigen darf und was nicht. Aber durch den ständigen E-Mail-Verkehr und Telefonkonferenzen bekam ich Unterstützung von meinen Kollegen.“

Neben den Schwierigkeiten im Berufseinstieg zählt sie auch einige Chancen auf. So lernt sie digitale Tools kennen, die sie „vorher auf diese Weise nicht benutzt“ habe. Auch das Homeoffice bringe einige Vorteile, die sie für den Einstieg ganz angenehm findet. So kann sie ihre Arbeitszeiten freier gestalten, lernt bislang unbekannte Programme kennen und agiert von vorneherein selbständig. Aber nicht nur für sie persönlich biete die Situation neue Möglichkeiten. Weiter erklärt sie: „Letztendlich ist diese Krise auch vorteilhaft für kulturelle Institutionen, die dadurch ihr Angebot auf digitale Formate erweitern und mehr Publikum ansprechen können“. 

Über virtuelle Weiterbildungen freut sich auch Deborah Kresov. Um die Zeit neben dem Studium und der Jobsuche sinnvoll zu nutzen, bildet sie sich über Web-Kurse und Webinare weiter – aktuell im Bereich Onlinemarketing. Zu solchen Weiterbildungen rät auch die Agentur für Arbeit, die ihr Fortbildungs-Programm nun digital zugänglich macht. Die Zusatzqualifikationen sollten dabei am besten zum eigenen Schwerpunkt passen. Dadurch kann „das eigene Profil interessanter“ werden. Zudem rät das Hochschulteam zu „Flexibilität und Mobilität bei der Suche“. Wenn das Wunsch-Unternehmen keine Beschäftigungsmöglichkeit anbietet, sollte man auf jeden Fall bei anderen Firmen oder Branchen nachschauen. Gleiches gilt auch für den Wunschort. Es lohne sich, auch nach Angeboten an anderen Standorten Ausschau zu halten. Wichtig bei der Suche sei vor allem, dass man sich nicht unter Wert verkaufen solle. „Lieber etwas kreativ Neues wagen“ anstatt sich auf eine unterqualifizierte Stelle zu bewerben, betont die Arbeitsagentur. Auch die Germanistik-Absolventin rät zu Mut und ist zuversichtlich, dass „am Ende der richtige Job gefunden wird.“ Selbst wenn es jetzt etwas schwieriger ist.

Weiterführende Informationen:

Nähere Informationen zu den Weiter- und Fortbildungsangeboten der Agentur für Arbeit sowie interessante Webinare gibt es hier:

https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/giessen/content/1533718759172

https://www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung/e-learning-lernboerse

https://learndigital.withgoogle.com/zukunftswerkstatt