Die Sektion Kunst und Medien debattiert „Mediale Rekonfigurationen nicht unbedingt interaktiver Medien: Comic und Theater“
Von Dana Lissmann
„Willkommen zu unserem Roundtable in der Sektion Kunst und Medien“ begrüßt am Dienstagabend um 19.45 Uhr Moderator Uwe Wirth, Professor für neuere deutsche Literatur- und Kulturwissenschaft die Runde zu „Mediale Rekonfigurationen nicht unbedingt interaktiver Medien: Comic und Theater“. In ihr setzen sich Expert*innen aus der Theater-, Literatur- und Kulturwissenschaft sowie der Soziologie mit den medialen Besonderheiten von Theater und Comic auseinander.
Ein Video wird gezeigt: Eine Bühne, ein Stuhl, eine Figur darauf, die zum Publikum spricht. „Am Hinterkopf sieht man die Drähte“, ergänzt Gerald Siegmund das Bild. Er ist Professor für Angewandte Theaterwissenschaft an der JLU. Er vertritt die These, dass das Theater ein Hypermedium – ein Übermedium – ist, in das andere Medien, wie Videos und Radio, eingefügt werden können. Spannend werde dies bei Stefan Kaegis „Uncanny Valley“, einem 2018 in München uraufgeführten Stück, bei dem ein menschenähnlicher Roboter der mediale Träger ist – und den Schauspieler ersetzt. Die Grenzen des Mediums Theater werden getestet.
Anknüpfend daran leitet Kirsten von Hagen von der Bühne zum Zeichentrick über, indem sie das Theater als Vorform des Comics diskutiert. Von Hagen ist Professorin für romanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der JLU. Im Laufe ihres Vortrags spannt sie einen Bogen über Kirchenfenster als Vorformen des Comics zu Vaudeville und Féerie, populäre, französische Theaterformen des 18. und 19 Jh., deren Special Effects an das Überzogene des Comics erinnern. Das Spiel mit Übertreibung und medialen Grenzen finde sich auch in dem adaptierten Kinofilm Birds of Prey wieder. Dieser erzählt die Emanzipation von Jokers Sidekick Harley Quinn mit realen Schauspieler*innen und bringt Sprechblasen auf die Leinwand. „Das Graphische des Comics macht seinen Reiz aus“, betont im nächsten Vortrag Jörg Ahrens, Professor für Kultursoziologe mit Schwerpunkt „Transformation von Kulturen“ an der JLU. Denn anders als bei Film und Theater könnten die Zuschauer*innen nicht der Illusion verfallen, das dies wirklich geschieht. Das Comiclesen setzt voraus, die zweidimensionale Gestaltung zu akzeptieren. Der Comic sei sich seiner Grenzen bewusst und spiele gekonnt mit ihnen. So müssen einzelne Bildrahmen (Panels) keine feste Reihenfolge haben, sondern können unterschiedlich kombiniert werden und damit mehrere Bedeutungen erzeugen.
Unheimliche und überzogene Effekte in den Medien Comic und Theater, menschengleiche Maschinen und die Frage „Was unterscheidet uns von Robotern?“ bündelt Moderator Wirth abschließend in der Figur und Maschine Olimpia aus E.T.A Hoffmanns spätromantischem Werk „Der Sandmann“. Die Liebe zu ihr treibt den Protagonisten in den Wahnsinn, was einen analogen Turingtest für Pärchen im Roman zur Folge hat, um deren Menschlichkeit zu überprüfen. Der Moderator balanciert damit zwischen den Beiträgen und schlägt vor: Comic, Theater und Literatur inspirieren sich gegenseitig.
Redner*innen: Gerald Siegmund, Professor für Angewandte Theaterwissenschaft an der JLU; Kirsten von Hagen, Professorin für romanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der JLU; Jörg Ahrens, Professor für Kultursoziologe mit Schwerpunkt Transformation von Kulturen an der JLU
Moderator: Uwe Wirth, Professor für neuere deutsche Literatur- und Kulturwissenschaft der JLU