Foto: Joanna Ignasiak

Überwachung und Bestrafung an der Gießener Universität

In den 1820er-Jahren verschlechterte sich das politische Klima an der Landesuniversität Gießen zunehmend. Fürst Clemens von Metternich (1773-1859), damaliger Außenminister Österreichs und überzeugter Monarchist, versuchte mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 unter anderem den republikanisch gesinnten Burschenschaften Einhalt zu gebieten und so die Entstehung einer politischen Opposition an den Landesuniversitäten zu verhindern. Die Burschenschaften wurden verboten und der damalige Universitätskanzler Franz Joseph Freiherr von Ahrens (1779-1885) wurde zum Regierungsbevollmächtigten berufen, der die politischen Machenschaften von Studenten und Professoren überwachen sollte. Dies hatte einen erheblichen Statusverlust für die Angehörigen der Universität zur Folge, da sie nun nicht mehr ausschließlich der akademischen Gerichtsbarkeit unterworfen waren, sondern wie ihre Mitbürger den staatlichen Gerichten unterstellt wurden. Die Burschenschaften erholten sich von dem Verbot nur langsam, doch konnten im Untergrund einige weiterhin bestehen.

Die Briefe des Universitätsrichters Trygophorus

Auf dem Bild besser zu erkennen: Das kleine Seitengebäude links vom Eingang – der Karzer.
Foto: Joanna Ignasiak

Die Räume des historischen Zeughauses dienten neben der Waffenlagerung und dem Universitätsbetrieb auch als Gefängnis für Studenten, dem sogenannten Karzer. Noch heute kann man den Anbau an das Hauptportal gut erkennen. Nach dem politischen Aufbegehren im Großherzogtum Hessen im Zuge der Französischen Julirevolution von 1830 entstand das Amt des Universitätsrichters, das von staatlichen Juristen besetzt wurde. Erster Universitätsrichter war Konrad Georgi (1799-1857), bekannt durch seine brutalen Verhörmethoden, die schließlich zum Suizid Friedrich Ludwig Weidigs (1791-1837) während seiner Inhaftierung im Darmstädter Gefängnis führten. Im Jahre 1835 übernahm Ludwig Trygophorus (1806-1881) das Amt des Universitätsrichters. Dieser schrieb eine Vielzahl von Briefen an seinen Vorgesetzten, den Regierungsbevollmächtigten Justin von Linde (1797-1870). In diesen beschwert er sich regelmäßig über den „precären Zustand“ der Karzer, die es ihm nicht erlauben „endlich auch einmal scharfe Carcerstrafen“ aussprechen zu können. Trygophorus geriet zunehmend ins Abseits innerhalb der höchsten universitären Kreise, da er durch Bestrafung der Professorensöhne die Missgunst der Akademiker auf sich zog. Schon im Jahre 1839 schreibt er: „Den Zustand, in dem ich mich befinde, halte ich nicht mehr länger aus. Alles stürmt auf mich ein […]“. Trygophorus wird jedoch erst im Jahre 1851 an das Darmstädter Hofgericht versetzt.